Ocean College

UNSER ZUHAUSE – WELLENGANG, MASTENKLETTERN UND MIESEPETRIGE KOMPASSE

Datum: 03.02.2023
Autorin: Leni Wietfeld
Position: Karibisches Meer
Nautische Position: 17 32 N 081 00 W
Zurückgelegte Seemeilen: 8139 NM
Schiff: Pelican of London

Heute ist der sechste Tag, den wir seit unserem fabelhaften, unvergesslichen Abenteuer in Costa Rica auf See verbracht haben. Viele von uns haben sich auf die Rückkehr auf unser geliebtes schwimmendes Zuhause, die gute alte Pelican, an der so viele wunderbare Erinnerungen hängen, gefreut. Auf den wohlbekannten und manchmal harten Segelalltag, die stetigen Wellen und das Gefühl der Freiheit und Weite, wenn nichts als der aufgewühlte Ozean, der blaue, gelegentlich sturmverhangene Himmel und dazwischen der Horizont, morgens und abends getränkt in alle vorstellbaren Farbnuancen zwischen rot, orange und gelb, zu erspähen ist.

Seekrankheit, Klappe die zweite

Trotz dieser teils überschwänglichen Wiedersehensfreude fanden wir uns in den letzten Tagen doch einem Spektrum von Widrigkeiten gegenüber, das sich von Übelkeit über Schwindel bis zu Kollisionen mit Masten und Toilettenputzen erstreckt. Mentale Krisen, während derer sich schmerzlich die angenehme und hart erarbeitete Seefestigkeit vor Costa Rica zurückgewünscht wurde, nach einer schmerzhaften Kollision mit einer Türe, Wischmop und Putzeimer in der Hand, waren kein Einzelfall. Dennoch haben wir auch diese unschönen Umstände gemeistert, haben uns alle immer wieder aufgerappelt, uns gegenseitig unterstützt und sind mittlerweile größtenteils erneut völlig seefest. Im Bezug auf unsere Tagesberichte sind wir momentan mit der kniffligen Frage konfrontiert, wie wir unserer Leserschaft einen fesselnden Bericht liefern sollen, wenn wir prinzipiell nichts anderes tun, als eine Meile nach der anderen zu schippern. Zum Zwecke der Abwechslung werde ich deshalb in diesem Bericht einige, eher ungewöhnliche, sowie bis jetzt völlig unbekannte Persönlichkeiten, die jedoch fest zur Pelican gehören, zu Wort kommen lassen.


Cleopatra Compass

Ach du meine Güte ist mir übel. Wie können es sich diese Trainees erlauben, über die „grauenhafte Seekrankheit“ zu klagen und mir zugleich solch unverzeihliches Leid anzutun. Ja, der Seastate ist rough, ja, wir hatten teilweise zwei Swell Systems, ja, die Wellen sind bis aufs Poopdeck geschwappt, nicht ohne Grund bin ich jetzt unangenehm Salzverkrustet !! ABER das ist noch lange kein Grund ständig off Cours zu kommen!!! Die ganze Zeit, bis zu schrecklichen 60 Grad haben sich diese Schüler vertan. Und ich, ich werde ohne Unterbrechung hin und her gedreht. Die Nummern rasen an der Kompassnadel vorbei, bis ich nicht mehr weiß, wo Norden und Süden ist. Von 030 bis plötzlich 345, dann rasant wieder zurück und auf einmal stehe ich ohne Vorwarnung auf 070! Ich habe ein Schleudertrauma, das verstößt gegen das Arbeitsschutzgesetz! Ich verlange Entschädigung, Urlaub, PAUSE!!! Okay, tief durchatmen, daraus wird eh nichts. Dummerweise bin ich nämlich auf diesem Schiff festgeschraubt und ein Entkommen ist undenkbar. Glücklicherweise wird das Wetter immer besser, die See sieht gnädig davon ab, uns weiter herumzuschleudern und die Trainees kommen wieder mehr und mehr in Übung, sodass sich sowohl ihr als auch mein Leiden an Übelkeit und Schwindel verringert. Zudem kann ich mich damit trösten, dass ich von unerlässlicher Wichtigkeit für die Besatzung dieses Schiffs und ihres sicheren Fortkommens bin, eine Politur wäre trotzdem hin und wieder schön.


Mortimer Main Mast

Guten Tag, mein Name ist Mortimer, starker Träger der Segel und der Yards. In den letzten Tagen war ich tatsächlich größtenteils überflüssig, da wir uns unter Motor gegen den Wind in Richtung Kuba gekämpft haben. Doch heute Morgen wurde ich dann endlich gebraucht. Zwischen 8:00 und 9:00 Uhr haben on und offgoing Watch gemeinsam gebraced, sowie Spanker und Jibs gesetzt, wobei die müde offgoing Watch einige ziemlich lange, müde Gesichter gemacht hat, da der Schlaf schon seit einiger Zeit immer vehementer an ihnen zupfte. Doch schließlich war die Arbeit getan, die entsprechenden Schlafmützen entschwanden prompt in ihre Bunks und ich war glücklich. Juhu! Endlich blies der Wind in die Segel und trieb das Schiff sicher und in stabiler Lage durch die Wellen voran. Gegen Mittag wurde mein Tag erneut durch ein interessantes Ereignis bereichert. Ein Teil der Trainees frischte ihren Social Climber auf. Dabei handelt es sich um ein Zertifikat, dass den Schülern erlaubt, bei Tageslicht auf die Masten zu klettern und ihre Zeit in luftiger Höhe mit einem großartigen Blick auf die Pelican und den Ozean auf den Plattformen zu verbringen. Diese sind ein sehr beliebter Ort für Deeptalks. Was ich schon alles mitgehört habe, ist nicht zu verachten und teils sehr unterhaltsam. Aus diesem Grund freue ich mich schon, wenn die Trainees wieder munter an den Shrouds auf und abketteten und mir einen Besuch abstatten. Um die Erlaubnis dafür zu erhalten, mussten sie heute jedoch zuerst unter der strengen Aufsicht der Bosuns die Segel auf dem Topsailyard losmachen und anschließend wieder fest und sicher verstauen. Selbstverständlich habe ich aus vollem Herzen mit den Prüflingen mitgefiebert. Auf meinen Yards mit Seegang zu arbeiten ist nicht zu unterschätzen und ein mancher, der noch nicht völlig seefest war, bekam zittrige Beine und wurde besorgniserregend grün um die Nase von der Schwankung. Dennoch haben alle erfolgreich bestanden, kamen sicher wieder auf das Welldeck und ich kann mich darauf freuen, bald wieder viele Schüler auf meinen Plattformen zu beherbergen und ihnen eine Pause und etwas Privatsphäre zu bieten.

Nachdem nun ein sehr freundlicher Mainmast und ein etwas pessimistischer Kompass zu Wort kamen, möchte ich den Tagesbericht mit der Aussage schließen, dass wir uns, nachdem wir nun die Seekrankheit erneut überstanden haben, alle schon riesig auf Kuba freuen, ein Land, dass wir momentan intensiv im Unterricht behandeln und das uns wohl alle überraschen und aufgrund seiner Historie anders als jeder sonstige Stop auf dieser Reise wird.

Leni: Hallo liebe Familie, ich habe euch unendlich lieb und vermisse euch. Ich freue ich mich, euch in etwa zwei Monaten wieder zu sehen, ganz liebe Grüße.

Caro: Alles Gute zum Geburtstag Mama, ich habe Dich unendlich lieb! Genieße Deinen Geburtstag, bin ja bald wieder da, um zu nerven (: Liebe Grüße und feiert schön, bis bald!

Thea: Papi, alles alles Gute zum Geburtstag. Ich hab‘ Dich lieb und freu‘ mich sehr, Dich wieder zu sehen. Feiert schön und hab‘ einen wunderbaren Tag<3.

Theo: Constanze, ich wünsche Dir alles Gute zum Geburtstag. Auch, wenn die Nachricht wahrscheinlich etwas verzögert ankommt, habe ich an Deinem Geburtstag ganz fest an Dich gedacht. Hab‘ Dich lieb!

Fynn: Hallo ihr Lieben, ich danke euch für alles, was ihr für mich getan habt. Liebe Grüße, euer Fynn.

Ein weiterer Tag im Grünen

Datum: 03.02.2023
Autorin: Pola
Ort: One World Farm

Heute begann der Tag mit dem wunderschönen Gesang der Soldatengrünaras- zumindest bin ich davon aufgewacht. Mittlerweile kann ich mir echt keine bessere Art vorstellen aufzuwachen. Alle sind dann langsam zum Frühstück getrottet und auch die anderen sind hier angekommen.

Frühstück

Dann gab es das wie immer total leckere Frühstück: Heute Pancakes mit Schokolade und Früchten. Die Ananas und Melone hier sind wirklich 100x besser als in Deutschland! Irgendwann haben sich dann alle für den heutigen Tag, der für einige aus Machetentraining und das Bauen einer Hütte bestand fertig gemacht. Leider musste ich hier bleiben, weil ich noch krank bin und mich besser schone.

Sicherheitseinweisung

Danach hat Ken uns erklärt, wie wir uns im Dschungel am besten verhalten. Wenn beispielsweise ein Bienennest vor uns liegt oder wenn wir ein giftiges Tier anfassen. Besonders ausführlich hat er uns über die Schlangen informiert. Wenn wir eine Schlange sehen, sollten man ruhig bleiben und keine Panik bekommen, denn von ruckartigen Bewegungen fühlen sich Schlangen schnell bedroht. Eingerollt können die Schlangen 45 cm springen. Aber zur Beruhigung: Meistens werden Fotografen von Schlangen gebissen, weil sie viel zu nah an die Schlangen treten. Also merken wir uns, niemals Fotograf werden oder wir sind schlau und machen Bilder nur mit Sicherheitsabstand! Übrigens kann man über die meisten Schlangen einfach drüber steigen. Laut Kens Aussage ist er schon über hunderte von Schlangen getreten!


Nun folgt ein Bericht von Marvin und Anna über die harte Arbeit im Dschungel:

Marvin: Ken hat für uns eine Erfahrung in einer Sweatlodge(Schwitzhütte) geplant, für die wir allerdings Holz brauchen. Ken hatte einen Baum gefällt und in kleinere Teile geschnitten, welche wir dann einen kleineren Abhang hinauf zum Auto getragen und schließlich zur Sweat Lodge gefahren sind. Wir haben davor eine Sicherheitseinweisung bekommen, deren Wichtigkeit auch schnell bewiesen wurde, als wir einen Skorpion im Unterholz sahen. Die sind hier zwar nicht tödlich, aber schmerzhaft.
Wir sahen auch den „Grünen Soldaten Ara“, von dem es hier durch ein Aussetzungsprogramm mittlerweile über 100 Stück gibt; weltweit allerdings nur noch rund 3000 Exemplare. (Side Fact von Ken: Der „Blaue Soldaten Ara“ ist vor kurzem von Brasilien als ausgestorben gelistet worden).

Johannes:

In den Berichten der letzten Tage wurde immer wieder erwähnt, dass wir eine Hütte in den Dschungel bauen, warum wir dies eigentlich machen, möchte ich jetzt genauer erläutern:
Endziel sind vier bis sechs Hütten, um einen ca. 18 stündigen Fußweg zu ermöglichen. Der Fußweg umrundet eine Fläche von 548 Hektar intakten Regen- und Urwald, ein Korridor, der zwei Naturschutzgebiete miteinander verbindet, damit Tiere sich frei zwischen beiden bewegen können.
Ziel mit den Hütten ist es, Patrouillen auf den Weg zu schicken, um illegale Jagten und Rodungen zu dokumentieren und vor Gericht zu bringen. Genau dies ist tatsächlich passiert, während wir mit dem Bau der Hütte beschäftigt waren. Nach dem Mittagessen sind wir zurückgekehrt und ich hab‘ euphorisch eine Tierspur im Schlamm entdeckt. Adolpho trübte meine Euphorie: „Perro“ ->Hund“. Besser gesagt: Jagdhund. Kurze Zeit später haben wir Hundegebell aus dem Wald gehört und auch Schüsse. Genau solche Jagden sollen und müssen verhindert werden, um die Artenvielfalt und Biodiversität zu erhalten.

Anna:

Als wir wieder aufbrachen und unsere Gummistiefel erneut in dem viel zu matschigen Boden stecken blieben, führte uns Adolpho zu den Bambusstämmen. Angekommen fingen wir an, einen Bambus (der bereits umgekippt war), zu zersägen. Während ein Teil von uns beim Sägen Aggressionen bekommen hat, wurden weitere Bäume mit Hilfe der Machete gefällt und zerteilt. Nachdem wir zwei kleinere und zwei größere Stämme passend zersägt hatten, mussten wir sie zurück zum Camp tragen. Als wir uns verzweifelt mit einem Stamm zu dritt abarbeiteten und Adolpho uns mit zwei kleineren Stämmen auf den Schultern überholte, war unsere Motivation im Keller. Nach einer kurzen Pause und Schlamm als Kriegsbemalung im Gesicht ging es aber weiter. Das Gefühl, als wir es geschafft hatten, war mega geil. Auf dem Rückweg hat Adolpho einen Ozelot gesichtet. Auf süß. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit im Dschungel waren wir alle mega räudig durchgeschwitzt und freuten uns alle auf die kalte Dusche im Camp.

In der Zeit habe ich mit den anderen, die hier geblieben sind, viel geredet, viel gelacht und sehr viel Tagebuch geschrieben.

Abend:

Zum Abendessen gab es Nudeln und wir hatten zur Abwechslung unser Meeting.
Zum Abschluss des Tages haben uns Jule und Stefan ihr selbst zusammen geschnittenes Video gezeigt. Das Video war wirklich sehr aufwühlend und hat, glaube ich, viel in uns angeregt, was sich in der darauf folgenden Fragerunde/ Diskussion sehr deutlich gezeigt hat. Einige Aussagen waren sehr interessant und haben sehr gut zur Dynamik der Runde beigetragen.

Jacob grüßt Julez n8 und wünscht einen schönen Geburtstag.

Vanessa: Viele Grüße an Zuhause. Meli, ich hoffe, Dir ging es heute gut in Deiner Deutsch Schulaufgabe.

Jule: Grüße an Bucki

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