Die Corona-Krise ist für alle Menschen eine Herausforderung. Was aber oft vergessen wird, ist die Situation der Schülerinnen und Schüler: Für die wenigsten ist die Schule unentbehrlich und Quell des Lebens. Freunde treffen und zusammen Zeit verbringen sind dann doch spannender. Geht jetzt aber alles nicht, gelernt werden muss im Corona-Homeschooling trotzdem.
Wenn unsere Schützlinge für sechs Monate auf hohe See gehen, dann freuen sie sich sicher am meisten auf die vielen tollen Abenteuer und neuen Erfahrungen, die sie in dieser Zeit machen. Unsere Pädagogen an Bord der Pelican of London sind daher auf eine andere Lernmotivation und ausgeprägte Abenteuerlust vorbereitet, denn: Ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Wir kennen keine normalen Klassenzimmer und das Lernen nach Pausengong. Bei uns läuft es sowieso immer anders, weshalb wir wissen, auf was es nun im Corona-Homeschooling wirklich ankommt.
Hier geben wir drei Anregungen für das Homeschooling, die nicht nur während der Corona-Krise sinnvoll sind. Unser Credo: Lernen soll Freude machen, sinnhaft sein und immer im Kontext zu anderen Lebensbereichen stehen – dann bleibt auch etwas hängen.
1. Übernehmt Selbstverantwortung

Zu Beginn der Homeschooling-Phase in der Corona-Krise war es für viele Schülerinnen und Schüler verheißungsvoll, ausschlafen zu können und die Aufgaben eben dann zu erledigen, wann es ihnen passt. Würden wir so an das Lernen in unserem schwimmenden Klassenzimmer rangehen, würde wahrscheinlich niemand zum Mathebuch greifen.
Wir stärken die Eigeninitiative der Jugendlichen, sie müssen Verantwortung übernehmen und ihre Motivationspunkte finden. Was treibt mich an? Wie lerne ich am besten? Bin ich morgens besonders aufnahmefähig und starte deshalb direkt mit der ersten Lerneinheit in den Tag? Auch an Bord müssen unsere Jugendlichen erst einmal ihren Rhythmus finden, der so ganz anders als in der Schule ist. Genauso müssen Jugendliche während des Corona-Homeschooling einen Fokus auf ihre persönlichen Lernziele setzen.
Wir nutzen dafür das sogenannte Klarheit-Buch. Hier halten die Jugendlichen ihre persönlichen Gedanken, aber auch ihre Wacheinsätze fest, haben Platz für Notizen und sie finden hier wertvolle Informationen für den kompletten Zeitraum. Zum Start der Reise erstellen wir für alle Jugendlichen einen möglichst genauen, individuellen Lern- und Lehrplan, der bei Bedarf nachjustiert werden kann. Auch im Corona-Homeschooling kann ein solches Buch, das gleichzeitig Notiz- und Terminkalender sowie Tagebuch ist, ein super Hilfsmittel zum Reflektieren und Sortieren von Gedanken sein.
Tipp: Allein oder in Gruppen Lernziele vereinbaren und kontinuierlich an ihnen arbeiten.
2. Lernt am lebendigen Objekt
Eine unserer wichtigsten Erfahrungen im segelnden Klassenzimmer ist: Auch der komplexeste Lernstoff lässt sich recht gut verstehen, wenn er nur anschaulich ist. Anstatt sich Mikroben, Algen und Tiere in Lehrbüchern anzuschauen, werden wir auf der Pelican of London und an Land aktiv. Im eigenen Labor untersuchen wir unseren Fang unter dem Mikroskop, den Kreislauf der Natur können wir während des Segelns auf hoher See und in den verschiedenen Orten, an denen wir anlegen, hautnah erfahren. Und wenn wir kurz vor Kuba segeln, können wir die Geschichte des Landes mit eigenen Augen erleben. So werden Jahreszahlen lebendig und Grafik aus dem Schulbuch erlebbar.

Nun hat nicht jeder ein Labor zu Hause, aber bereits mit kleinen Dingen lässt sich zu Hause besser lernen: Geschichtsunterricht wird schnell mehr als reines Auswendiglernen von Zahlen und Fakten, wenn der visuelle Aspekt hinzukommt. Das kann im Homeschooling die spannende Doku oder der Historienfilm auf Netflix sein, die ein Gespür für die jeweilige Ära vermitteln. Im eigenen Garten oder dem Park findet sich ausreichend Material für biologische Beobachtungen und wer die alten Platten der Eltern aus dem Schrank holt, taucht in die Musikgeschichte ein.
Tipp: Findet für den Lernstoff Anknüpfungspunkte zum eigenen Alltag, damit ihr einen Bezug zum Wissen erhaltet.
3. Schafft eine gute Lernumgebung

Auch wenn wir ein halbes Jahr auf einem Segelschiff unterwegs sind, legen wir Wert auf eine Umgebung, die zum Lernen, Nachfragen und aktiven Erfahren einlädt. Das haben wir uns bei Maria Montessori, der Begründerin der Montessori-Pädagogik abgeschaut. Hier lernen Kinder und Jugendliche in einer sogenannten „vorbereiteten Umgebung“. Die Idee dahinter: Die Kids dort abholen, wo sie stehen. Die Lernumgebung ist den jeweiligen Bedürfnissen der Jugendlichen angepasst, es stehen alle Arbeitsmittel zu Verfügung, auf die jederzeit zurückgegriffen werden kann. Da im segelnden Klassenzimmer nicht viel Platz ist, lernen die Jugendlichen zugleich, die vorhandenen Materialien mit anderen zu teilen – und Ordnung zu halten, damit alles jederzeit auffindbar ist.
Tipp: Da für viele Schülerinnen und Schüler während des Corona-Homeschoolings das eigene Zimmer oder vielleicht sogar die Wohnküche das Klassenzimmer ersetzt, sollte auch hier Wert auf eine praktische Lernumgebung gelegt werden. Sind alle Materialien zum Lernen vorhanden und ist am Arbeitsplatz ausreichend Platz und Ruhe zum konzentrierten Arbeiten, dann klappt das Lernen zu Hause gleich viel besser.
Mehr Einblicke in unser segelndes Klassenzimmer 2019/2020 gibt es hier.