Ocean College

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Lehrer auf Segelschiff

Alle im selben Boot: Als Lehrerin an Bord gehen

Mascha lebt in Berlin und unterrichtet seit fünf Jahren Spanisch und Englisch. Im vergangenen Jahr tauschte sie das Klassenzimmer gegen ein Segelschiff ein und war Teil der Crew auf unserem Törn 2019/20. Wir haben mit ihr über ihre Erfahrungen an Bord der Pelican of London gesprochen.

Liebe Mascha, warum bist du Lehrerin für Ocean College geworden?

In dem normalen Schulsystem habe ich mich eingeengt und unwohl gefühlt. Alles drehte sich nur um Leistung und was wir innerhalb der vier heiligen Schulwände gemacht haben, hatte nicht viel damit zu tun, was sich wirklich in der Welt abspielte. Gerade als Sprachenlehrerin habe ich die Trennung ganz stark gespürt.

Was bringt es mir, Lückentexte auszufüllen, Hörtexte auf CDs zu hören, wenn ich mich dann im Urlaub nicht traue, mir mein eigenes Eis zu bestellen? Ich wollte das Lernen wieder erfahrbar machen und es auch gleich anwenden. Außerdem bin ich immer auf der Suche nach Abenteuern und neuen Herausforderungen  und das alles konnte ich auf der Reise super verbinden.

Und bist du mit bestimmten Vorstellungen an Bord gegangen?

Nein, ehrlich gesagt hatte ich keine großen Vorstellungen, da ich vorher noch nie einen Fuß auf ein Segelschiff gesetzt hatte. Ich wollte einfach starten und mich überraschen lassen. 

lehrer auslandsjahr

Und gab es dann Überraschungen?

Ja, ich war überrascht, wie wenig es mir ausmachte, permanent von Leuten umgeben zu sein. Eigentlich ist es mir wichtig, jeden Tag auch mal Zeit für mich zu haben. Als wir Lehrer*innen Ferien hatten, habe ich das bunte Gewusel um mich herum sogar vermisst. Auch an das Teilen der Cabin und die wenige Privatsphäre habe ich mich schnell gewöhnt, obwohl ich dachte, dass das meine größte Herausforderung sein würde.

Und was war tatsächlich die größte Herausforderung?

Die größte Challenge war mitunter die Seekrankheit. Ich konnte mir vorher nicht wirklich was darunter vorstellen und dann kam sie wie ein Schlag ins Gesicht. In Santiago de Compostela haben wir Briefe an uns selbst geschrieben, die wir auf den Azoren abgeholt haben. Dort habe ich über meine erste Woche an Bord geschrieben, dass sie „die schlimmste meines Lebens“ war. 

An Bord herrscht eine strikte Hierarchie und ich fand es auch oft schwer, meinen Platz zu finden. Als Lehrer*in gehörst du nicht mit zur Segel-Crew, aber auch nicht mit zu den Schüler*innen und so war es nicht immer einfach, diese Rolle zu besetzen. 

Und sicher ist es auch etwas gewöhnungsbedürftig, so eng mit den eigenen Schüler*innen zusammenzuleben.

Klar, an einer herkömmlichen Schule verbringt man niemals so viel Zeit mit seinen Schüler*innen wie auf dem Schiff. Und so lernt man sich einfach unglaublich gut kennen und baut Vertrauen auf. Das überträgt sich natürlich dann auch auf den Unterricht. Es ist eine sehr familiäre Atmosphäre.

Am Anfang war es mir unangenehm, als ich mich so seekrank und schwach und die ganze Zeit übergebend auch vor Schüler*innen zeigte und zeigen musste. Am Ende hat es uns aber noch mehr zusammengeschweißt und Schüler*innen haben gesagt, wie cool sie es fanden, dass sie gesehen haben, dass auch Lehrer kotzen oder ihre Höhenangst überwinden müssen.

In vielen Dingen waren mir die Schüler*innen ein Vorbild und ich konnte auch viel von ihnen lernen. Das war einfach mega schön, da mir das Lernen an herkömmlichen Schulen bisher sehr einseitig vorkam.

Was denkst du, wie die Jugendlichen in Bezug auf Persönlichkeitsentwicklung und Bildung von ihrer Zeit auf dem Segelschiff profitieren?

Ich finde, Bildung und Persönlichkeitsentwicklung sind ganz stark miteinander verflochten und letzterem wird in der Schule normalerweise gar keinen Raum gegeben. Dadurch, dass du als Mensch immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt wirst, die dir oft auch nicht gefallen, wächst du natürlich daran, dafür kreative Lösungen für dich zu finden. Wie gehe ich damit um, dass ich Befehlen folgen muss, auch wenn sie mir nicht passen? Wie schaffe ich es für mich, eine Routine zu schaffen, die sich doch immer wieder ändert? Wie komme ich in einem solch engen Raum mit Menschen klar, die ich nicht alle mag?

Mit solchen Fragen werden die Schüler*innen, und auch Lehrer*innen, während der Reise immer wieder konfrontiert und es gibt permanent neue Grenzerfahrungen. Da ich weit weg von zu Hause bin, Eltern, Freunde, Geschwister weit weg und nicht erreichbar sind, muss ich lernen, hier neue Wege für mich zu finden und an den Situationen zu wachsen. Dies geschieht mehr oder weniger alleine in dem Setting, auf dem du dich auf der Reise befindest. Hinzu kommt dann noch der Unterricht, die Referate und der Input der Pathways, die natürlich auch gleich auf die Lernumgebung übertragen werden können. 

Was würdest du sagen, müssen Lehrer*innen für Ocean College mitbringen?

Flexibilität ist auf jeden Fall eine Komponente, die ich als erstes nennen würde. Oft ändern sich die Pläne oder es gibt keine. Du musst lernen, dich neuen Umgebungen schnell anzupassen und mit fremden Menschen sehr eng zusammen zu arbeiten und zu leben.

Deswegen ist Offenheit auch etwas, was du als Lehrer*in auf jeden Fall mitbringen solltest. In kürzester Zeit besuchst du so viele Länder und Kulturen, auf die du dich immer wieder neu einstellen und ihnen begegnen musst. Ein Hang zum Abenteuer, denke ich, wäre auch nicht schlecht. 

Wie hat dich die Zeit im segelnden Klassenzimmer bereichert?

Auf ganz vielen verschiedenen Ebenen. Es war aufregend die ganzen Länder, Landschaften, Inseln, Tiere, Pflanzen und Orte kennenzulernen. Ich bin auch oft selbst an meine Grenzen gekommen und konnte viel über mich selbst lernen. Vor allem ist für mich ganz klar geworden, wie ich zukünftig als Lehrerin arbeiten will und wie Lernen und Lehren für mich gelingen kann. Außerdem war es toll, so viele Menschen kennenzulernen und die Entwicklung der Schüler*innen mitzuerleben. 

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Mascha! Wer jetzt Lust hat, auch einmal als Lehrer*in mit Ocean College in See zu stechen, der bekommt hier mehr Infos.

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