Datum: 20.01.2022
Autorin: Jule
Position: Atlantik
Nautische Position: N 13’03.420 W 041’26.050
Distance: 3666,6
Schiff: Regina Maris
Es gibt nur Wasser…
Die Routine hat sich auch hier wieder eingespielt. Jeden Abend wird beim Meeting gefragt, wie tief es nun ist und jeden Tag bleibt die Antwort gleich, vier km. Langsam fangen alle an zu realisieren, dass es tatsächlich nur Wasser und uns gibt. Abends knallen die Wellen gegen die Wände und beim Lookout schaut man auf den glatten Horizont. Gestern Abend hab ich das erste mal auf dem Computer im Wheelhouse geschaut, wo wir uns nun wirklich befinden. Ja, was soll ich sagen. Stimmt wirklich, wir sind mitten auf dem Atlantik. Gibt jetzt erstmal lange Zeit nirgends eine Küste, wo man sich orientieren könnte.

Fleißige Wichtel…
Alles läuft von Hand und man sieht jeden fuchteln und werkeln. Alle sind beschäftigt, man schreibt Tagebuch, arbeitet am Training Record Book, macht Hausaufgaben, kümmert sich um seine Wichtelgeschenke, backt Plätzchen oder fragt seinen Tanzpartner für den Mid-Atlantic-Ball, ob man zusammen hingehen möchte. Einige sind beim Letzteren wirklich sehr kreativ unterwegs. Sarah beispielsweise hat heute mit selbst gemachten Papierblumen und Chor für Johannes B. gesungen. Die anderen Mädchen müssen nun aber auch ihren Mut zusammen nehmen, denn der Ball ist bereits morgen.



Ganzrationale Funktionen und „oh fuck der preventer…“
Nach dem Frühstück ging es direkt mit dem Unterricht für die Morning-class los. Mathe und Bio standen heute auf dem Programm.
Während wir alle angespannt versucht haben, Grenzwerte zu berechnen, riss unser Preventer des Mainmastes. Der Preventer hält den Baum des Segels davon ab, während eines Windwechsels, über das Deck zu rauschen. Naja, da wir aber keinen Preventer mehr hatten, ist uns genau das passiert. Der Baum und das damit verbundene Segel schleuderte unkontrolliert von Port zu Starboord und wieder zurück. Sah ein bisschen so aus wie bei Fluch der Karibik, als Sparrow das Steuer rum riss damit Will vom Baum über Bord geworfen wird. War aber alles schnell wieder repariert. Mehr oder weniger zumindest, denn der Preventer riss noch ein zweites Mal. Wie sagt man so schön, „alle guten Dinge sind drei“ ???. Naja, der Tag ist ja auch noch nicht zu Ende.




„Bin ich froh, dass ich heute kein Galley-Dienst habe“
Diesen Satz hört man eigentlich nicht oft, aber wenn man sich momentan die Küche anschaut… Mann mann, das muss man erstmal hinkriegen, etwas so einzusauen. Aber das Galley-Team (Leo, Jonathan und Philipp) waren das ja schließlich auch nicht allein. Poseidon hat auch hier mal wieder mitgeholfen. Die Wellen bringen das Schiff ordentlich zum Schaukeln und dementsprechend ist es unausweichlich, dass mal ein paar Töpfe umkippen und etwas daneben geht. Trotz all dieser Umständen konnte uns Johannes W. ein paar unbeschreiblich leckere Baguettes backen. Ich denke, wir können da alle noch was lernen und werden bestimmt viele leckere Rezepte wieder mit nach Hause bringen.
Das ist Lisa…
Lisa auf den Kap Verden als 3. Offizier an Bord gekommen. Ich durfte sie heute etwas interviewen und hab nun die Ehre, sie etwas genauer vorzustellen. Lisa ist 23 und wurde in Washington DC geboren. Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist sie aber in Deutschland. Außerdem hat sie bzw. haben ihre Eltern drei Katzen (Yuna, Schnee, Missi). Segeln tut sie schon ihr ganzes Leben, denn ihr Vater ist professioneller Skipper und somit konnte sie mit dem Segeln aufwachsen. Auf Traditionsseglern, wie diesem, segelt sie seit ganzen neun Jahren. Es ist ihre erste Atlantiküberquerung und ihr schönstes Erlebnis an Bord sind die Nachtwachen, denn dort ist es immer angenehm ruhig.

Keine Fische dafür Vögel…
Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir auf See sind, aber etwas vollkommen Neues sind die ganzen Algen im Wasser. Es ist spannend, wenigstens etwas beim Lookout zu sehen aber Fische fangen wir deswegen eher weniger. Die Angel hat sofort Grünzeug am Haken und der Köder ist untauglich. Wenn man seinen Lookout aber ordentlich macht, kann man ab und zu einen Vogel am Horizont entdecken. Ich persönlich freue mich darüber immer tierisch. Trotzdem frage ich mich manchmal, ob das normal ist, dass die so weit draußen sind oder ob sie einfach genau so einen Orientierungssinn wie ich besitzen.
Falls ihr euch gefragt habt, wie dieser Bericht vom Atlantik ins Internet gekommen ist, Justus sagt per Brieftaube. Ich persönlich würde es ja mit Flaschenpost versuchen, solange wir nicht wissen, ob wir den Vögeln wirklich vertrauen können.