Tagesbericht Martha D.
Datum: 13.12.2020
Autorin: Martha D.
Position: Antigua
Nautische Position: 17°00,75 N; 061°46,34 W
Etmal: 0 nm
Als ich am Donnerstagabend Antigua das erste Mal aus der Nähe sehen konnte, war ich ein bisschen verwundert. Ich hatte mir unter Karibik etwas ganz anderes vorgestellt…

Ich dachte, eine Karibikinsel wäre ein kleiner Sandhügel, natürlich mit langen weißen Stränden und, das darf auf keinen Fall fehlen, einigen Palmen, von denen die Kokosnüsse einem direkt in die Hände fallen.
Als wir dann Antigua aus der Ferne sahen, konnten wir lediglich eine große, hügelige, grüne Insel sehen. Je näher wir kamen, desto mehr Strände, Häuser und Palmen konnten wir dann doch erkennen. Das einzige, was blieb wie vorher, war die Größe der Insel und ihre großen Hügel.

Von Superyachten und Superreichen…
Bereits einige Tage vor unserer Ankunft auf der Insel erklärte unser Captain Chris, dass der Hafen in dem wir anlegen werden, kein Industriehafen ist, wie die Häfen, in denen wir bisher gelegen haben. Wir würden diesmal in einer Marina direkt neben sogenannten Superyachten liegen.

Unter einer Superyacht habe ich mir etwas größere Segelboote, vielleicht 20 Meter lang und einige Motorboote vorgestellt. Aber auch hier lag ich mit meiner Erwartung wieder völlig falsch. Eine Superyacht ist scheinbar ein 90 Meter langer Luxuskreuzer mit mindestens drei Decks, einem Beiboot, das so groß ist wie unser Bötchen zu Hause und einer Crew, die doppelt so groß ist wie die der Pelican.

So weit so gut…. Als wir jedoch das erste Mal an Land durften, mussten wir an den Gangways dieser Schiffe vorbei. Jede Yacht hat an ihrer Gangway, die übrigens eher Treppen sind, einen Fußabtreter und eine Klingel mit Überwachungskamera und Sprechanlage. Tagsüber sind die Besitzer oder Charterer der Yachten an Deck nicht zu sehen, erst am Abend kommen sie aus dem Inneren ihrer schwimmenden Paläste hervor und begeben sich auf direktem Weg in das erstbeste Restaurant im Hafen.

Dort lassen sie es sich dann gut gehen, das heißt sie essen, trinken und knüpfen Kontakte zu anderen Superreichen. Wenn sie sich dann in kleinen Gruppen zusammengefunden haben, verteilen sie sich auf die verschiedenen Schiffe. Dort wird dann ordentlich Party gemacht und der Reichtum wird gezeigt, wo man nur kann.

Die Realität…
Was mich jedoch viel mehr beeindruckt hat als der ganze Reichtum im Hafen war der Kontrast zu dem, was sich vor den Toren der Marina abspielte. Viele Häuser und Straßen waren sehr heruntergekommen, alles war dreckig. Auf dem Weg zum Supermarkt kam uns ein älterer Herr auf Krücken entgegen. Ihm fehlte ein Bein und viele seiner Zähne. Auf seinem Kopf saß eine graue ausgeblichene Kappe, sein leeres Hosenbein war zu einem Knoten zusammengebunden und sein rotes T-Shirt war mit Löchern übersäht. Er kam uns immer näher und versuchte, mit uns auf für uns unverständlichem Englisch zu kommunizieren. Als wir an ihm vorbeigingen, drehte auch er um und folgte uns ein Stück. Auch sonst sah man immer wieder Menschen, die irgendwelche Auswüchse an ihrem Körper hatten und scheinbar keinen Zugriff auf ausreichende medizinische Behandlung…
Abgesehen davon ist die Karibik wirklich das Paradies. Das blaue Wasser ist warm und unglaublich klar. Mir gefällt es hier sehr gut. Obwohl wir ab Mittwoch wieder eine der einzigen Schulen Deutschlands mit Präsenzunterricht sind, fühlt es sich doch manchmal an, als wären wir hier im Urlaub.
Ich grüße meine Familie zu Hause! Ich hoffe ihr könnt die Weihnachtszeit trotz des Lockdowns ein wenig genießen… esst ein paar Spekulatius für mich mit 😉