Datum: 31.03.2023
Autorin: Kaija
Position: Vor der Küste Spaniens
Nautische Position: 44°57.5‘N 007°55.8‘W
Zurückgelegte Seemeilen: 13298
Schiff: Pelican of London

Heute hat das Handover der T‘Gallant Watch begonnen und somit mein erster Tag als Kapitänin. Dadurch, dass wir letzte Nacht extremen Wind hatten, war das Frühstück eher gesprächskarg, denn der Durchschnitt an Schlaf lag bei denen, die überhaupt zum Frühstück erschienen waren, bei etwa 5h.
Viel mehr Sätze wurden dann auch nicht mehr gewechselt. Die wenigen, die gewechselt wurden, waren meist ein „Boah, die Welle war jetzt aber hoch“ oder ein „Halt‘ mal kurz“, damit etwas nicht runterfällt.
Auch als ich auf die Bridge gegangen bin, waren die im Halbschlaf an der Reling liegenden Menschen nicht zu übersehen.


Doch für mich begann nun meine erste Watch als Kapitänin. Die letzten 5,5 Monate durften wir verschiedenste Führungsstile miterleben und unterschiedlichste Dinge lernen. Doch in einen Großteil der Aufgaben waren wir bisher wenig involviert. Bereits die letzten Tage habe ich viel mit meinem First Mate Simon (Schülercrew) gesprochen, der für die nächsten Tage mein wichtigster Partner wird, um den Bordalltag zu managen.
Doch was wirklich alles auf mich zukommt, ist mir erst richtig bewusst geworden, als Caro, die die letzten Tag Kapitänin war, mir gestern ein sehr ausführliches Handover gegeben hat und mir eine Grundeinführung in das Wichtigste gab.

Ein spannender Tag
Als ich zur Watch kam, erwartete mich schon der erste Wetterbericht und die wichtigsten Informationen zur letzten Nacht. Mithilfe dieser und der aktuellen Routenplanung hatte ich alle wichtigen Fakten fürs das Professionell-Crew-Morningmeeting zusammen und durfte so um Punkt 08:00 alle Handovercrewmitglieder sowie die Stammmitglieder begrüßen. Jeder Bereich trug seine wichtigsten Anliegen vor und verschiedene Arbeitspakete wurden verteilt.
Im Anschluss daran habe ich mich noch weiter mit Simon besprochen. Da am späten Vormittag eine Trainingsstunde stattfinden sollte, begann die Vorbereitung und Planung für diese. Wer betreut welche Gruppe, welche Aufgaben stellt man und was müssen wir noch beachten?
Nachdem alles organisiert war, folgten schon die nächsten Aufgaben für mich, Logbuch führen und aktuelle Position plotten. Diese Aufgabe durften wir in der Vergangenheit als Trainee ebenfalls schon machen, doch nun auch zu prüfen, ob wir auf Kurs sind oder ob wir diesen gegebenenfalls noch ändern müssen, war gerade die ersten Stunden eine Herausforderung.

Wie beeinflusst der Wind unseren Weg und müssen wir die Segel anders setzen? Doch nach einigen Stunden hatte sich dies etwas eingespielt und so konnte ich mich immer mehr auch auf andere Dinge fokussieren.
Ein altes, sehr zerfleddertes Buch mit etwa 400 Seiten, auf dem der Titel „Rules of the Road“ prangt, prägte nicht nur meine Morningwatch, sondern auch die am Abend. Wer hat wann wie Vorfahrt und was gilt speziell für uns als Segelschiff? All diese Fragen sollten nicht unbeantwortet bleiben.
Doch zu meinen Aufgaben zählten nicht nur die Aufgaben im Wheelhouse sondern auch die Interaktion mit der Watch und die Beobachtung des Windes und anderen Wetterbedingungen. Nach etwa vier Stunden ist die klassische Arbeit auf Watch zu Ende und es folgt der Austausch mit den ablösenden Watchofficern der nächsten Watch.
Dabei werden Informationen wie der Windspeed, die gesetzten Segel, der aktuelle Verkehr und Ähnliches erläutert. Nachdem die Watch dann übernommen wurde, folgt der letzte Rundgang durchs und übers Schiff, bevor man dann müde ins Bett fallen kann.
Ich bin gespannt, was mich die nächsten Tage noch erwartet und hoffe sehr, dass alle Crewmitglieder in den nächsten Tagen mehr Schlaf bekommen. Leider haben wir seit heute vermehrt Krankheitsfälle an Bord, so dass wir entschieden haben, die Hygienestandards zu erhöhen. Somit darf jede Watch zusätzlich noch die wichtigsten Bereiche desinfizieren, was auf große Freude stieß. Bleibt nur zu hoffen, dass alle schnell wieder fit sind.