Datum: 7. November 2021
Autorin: Daisy
Position: Auf dem Weg nach La Palma
Geographische Position: 28°38.6‘N, 016°08.6‘W
Etmal: 42NM (insgesamt: 2590 NM)
Gedanken kommen und gehen. Genauso wie unsere Crew am heutigen Tag. Während morgens die meisten von uns noch ein paar Stunden free shore leave hatten, ist unsere neue Crew angereist. Die einen mit riesigem Rucksack und Reisetasche, die anderen nur mit Rucksack und der Nächste mit Reisetasche und Tagesrucksack. Auch wenn die neue Crew sympathisch und offen aussieht, einige von uns trauern der alten Crew sehr hinterher.
Matt mit seiner lustigen und immer fröhlichen Art, Elisa immer motiviert und hilfsbereit, Elie munter und immer zur Stelle und John meistens, ohne zu sprechen, einfach cool unterwegs. Ffyons Abschied war am traurigsten. Wir alle standen um die Gangway, haben gesungen und sie ist mit tränenden Augen von Bord gegangen. Alle aus der alten Crew kommen in einigen Wochen wieder zurück an Bord, bis auf Ffyon.
In den letzten Tagen sind mir viele Gedanken durch den Kopf gegangen… wir alle hier sind auf dem Schiff „gefangen“, können, wenn wir unterwegs sind, nicht von Bord, haben deutlich mehr Einschränkungen als zuhause und doch fühle ich mich so frei wie noch nie.
Dabei haben wir nicht die Wahl, ich gehe jetzt in mein Zimmer, fahre zu einem Freund oder gehe einfach mal joggen mit Musik im Ohr. Wir sind gezwungen, zu bestimmten Zeit an Ort und Stelle zu sein und uns unserer Verantwortung zu stellen. Aber vielleicht auch gerade deswegen lernen wir zu schätzen, was wir für Möglichkeiten als privilegierte Schüler:innen haben. Wir sehen viele Länder, Landschaften, verschieden Kulturen mit ihren Menschen und kommen an Orte, wo wir nie wieder hinkommen werden.
Vor kurzem durften wir in vier verschiedenen Gruppen zu einem schwarzen Strand im Nirgendwo auf Teneriffa fahren. Dort lagen wir entspannt am Strand, haben manchmal Musik gehört oder einfach nur die Stille genossen. Beziehungsweise die sehr lauten Wellen, aber einfach nur die Ruhe ohne Menschen, die wir sonst rund um die Uhr um uns haben. In solchen Momenten lerne ich zu schätzen, den Moment zu genießen, um mich dann wieder auf die gesamte Gemeinschaft zu freuen. Oder als die meisten in der großen Gruppe auf dem Guajara wandern waren, bin ich mit Leni, May und Luca durch ein Tal zwischen dem Teide und dem Guajara gelaufen. Nach ca. einer Stunde hatte ich einmal das Bedürfnis, nur nach vorne zu rennen, meine Energie rauszulassen und habe ins Nichts gerufen. Freiheit. Das ist genau das, was ich bisher auf dieser Reise zu schätzen gelernt habe. Und dass vor allem materielle Dinge, von denen ich dachte, sie seien mir wichtig, überhaupt keinen Wert mehr haben.
