Datum: 02.03.2022
Autorin: Lotte
Position: Nord Atlantik
Geographische Position: 34* 43.6‘ N 054* 61.5′ W
Etmal: 114 (11.541)

Stbd Lookout
Wie eventuell aus anderen Tagesberichten bekannt, haben wir vier Positionen auf Watch. Jede machen wir für entweder 30 oder 40 Minuten, das heißt entweder 6 oder 8 Positionen pro watch.
Als erstes gibt es den Starboard Lookout. Wenn man hier steht, weiß man, dass es noch länger dauern wird, bis man eine Pause hat.
Das einzige Positive ist so ein schwarzer Pfosten, auf dem ein Sender sitzt, an dem man sich gut anlehnen kann. Leider hängt auf dieser Seite auch der Kasten mit den Temperaturen und wenn man ganz besonders viel Glück hat, hört man aus dem Wheelhouse jemanden rufen „can someone get me the temperatures please“.
Dann muss man die ganz starke Taschenlampe aus dem wheelhouse nehmen und ohne jemanden zu blenden die Temperaturen holen, sie sich merken, obwohl andere aus der watch beginnen werden, wahllos Zahlen herumzuschreien und diese dann dem Officer sagen. Das Schönste an diesem lookout ist aber die Aussicht aufs Helmen.
Der Helm
Ein Vergnügen sondergleichen. Mein Lieblingsmoment hier war, als ich das Rad bis zum Anschlag nach rechts gedreht hatte und sich das Schiff trotzdem nach links bewegt hat. Der Captain hat mir dann befohlen aufzugeben und das Rad einfach in die Mitte zurückzudrehen. So habe ich meinen Rekord von 100 Grad off-course-sein aufgestellt, allerdings unter Anweisung unseres Kapitäns.

Port Lookout und Pause
Dann gibt es noch den port-lookout. Wer denkt, dass er auch nur annähernd dem starboard lookout gleicht, begeht einen Fehler.
Man kann sich am warmen wheelhouse anlehnen und man weiß, dass man gleich Pause hat. Ja, eindeutig der bessere Lookout. Und dann hat man Pause, oder halt Stand-by, wie es Langweiler:innen nennen. An alle, die jetzt denken, wir sind faul, denen sage ich: Nein. Wir folgen nur der obersten Regel an Bord: „Sleep when you can, work when you have to“.
Spaß
Schneller gehen die vielen Positionen und vier Stunden natürlich mit etwas Humor und Pläsir vorbei. Noch nie ist auf so eine Aussage auch etwas wirklich Lustiges gefolgt.
So auch hier.
Wir haben nämlich erstmal eine kleine Witzerunde gemacht. Dabei kamen erstmal Originale aus der Volksschule vor (Was ist orange und geht den Berg hinauf? Eine Wanderine), aber auch ganz ungeahnte Komiker-Talente, also ich halt, haben sich Neue und eventuell sogar noch witzigere Witze ausgedacht. (Was ist gelb und geht einen Berg hinauf? Eine Wanderane…Wandera-na-ne?) Naja, um zwei Uhr nachts ist eh fast alles lustig.
Zeit, um Nachzudenken
„Manchmal ist es aber auch gut, ruhig zu sein und über die Welt zu sinnieren (und ein bisschen zu weinen). Hi Mum und Dad! Mir geht’s super“ -Laure 16, ein sehr ruhiger Mensch…
Das stimmt aber wirklich. Die Sterne anschauen und nur denken oder eben gar nichts zu denken ist manchmal auch ganz nett. Schön wäre es, wenn man noch mehr Sternzeichen kennen würde.
Naja, mehr als die zwei, die ich halt kenne, den großen Wagen und Orions Gürtel. (Theoretisch heißt das Sternbild ja Orion, aber weil ich nie weiß, in welche Richtung die Arme oder Beine sind, nenne ich es nur Orions Gürtel) Manchmal kommen einem aber auch wirklich schöne Gedanken. Zum Beispiel, wie viel mir meine Eltern mitgegeben haben. Meinen wunderbaren Humor und so viel mehr. Außerdem, wie schön es ist, die Welt zu sehen und wie alltäglich es für uns geworden ist, ein Segelschiff über den Atlantik zu segeln.
Naja, das wars mit dem Gedanken denken. Wir wurden gerade von der nächsten Watch abgelöst. Bussi, Baba und over and out.
Für Laures Eltern: Objektive Meinung, Laure geht es wirklich gut hier, macht euch keine Sorgen. Nein, sie hat mir das nicht gesagt oder mich gezwungen, das zu schreiben.