Datum: 29.10.2021
Autorinnen: Yarina, Maria
Position: Im Atlantik auf dem Weg nach Lanzarote
Nautische Position: 32°41.5N , 010°13.7W
Etmal: 119 NM (Insgesamt: 2115NM)
Maria
Oft schreibt man hier, was man gemacht hat oder wie was an Bord funktioniert.
Ich habe das Gefühl, Außenstehende sehen nur die schönen Dinge der Reise, die Erfahrungen, die außergewöhnlichen Dinge, die Entwicklung, die wir hier machen.
Was nur leider selten gesehen und auch gezeigt wird, sind die komischen Momente.
An sich ist das Gefühl hier zu sein, unfassbar schwer zu beschreiben. Immer wenn ich nach Hause telefoniere, möchte ich dieses Gefühl teilen, aber es geht irgendwie nicht.
Am Anfang kann man sich dadurch alleine fühlen. Man sehnt sich nach jemandem, der einen kennt und versteht und in der gleichen Situation ist. Einfach jemanden, wo man einfach sein kann.
Inzwischen fühle ich mich hier ziemlich so. Ich hatte schon tiefe Gespräche über Gefühle, nicht so schöne Gefühle, wie es ist, an Bord zu sein, mit was man zu Hause Schwierigkeiten hatte, über den Tod, Familienstreit, Ängste, was nach der Reise ist, einfach irgendwie das Leben.
Diese Gespräche tun gut und stoßen neue Gedanken an, aber konfrontieren einen auch mit neuen Dingen. Diese Konfrontationen sind nicht immer angenehm, aber ich habe das Gefühl, hier nie alleine zu sein, immer ist jemand da für Dich. Und das ist schön.
Auch wenn man mit manchen sonst wenig gemeinsam macht, wollen alle nur das Beste der Anderen und sind bereit für einen Deeptalk. Manche natürlich mehr und manche weniger.
Was ich eigentlich sagen wollte:
Es ist wundertoll (wie Viktor sagen würde) hier zu sein, aber es gibt auch Tage, Momente wo man sich komisch, nicht gut fühlt und nicht alles wie ein süßer Kindergeburtstag ist, wo alle glücklich sind. Das braucht es aber auch nicht zu sein, ohne Regen keine Sonne oder so. Nirgends kann es so einen Geburtstag geben, aber das vergisst man eben oftmals.
Yarina
Bevor ich hier an Bord gekommen bin, dachte ich mir, dass diese Reise aufregend, aber auch sehr anstrengend wird. Zurzeit kann ich sagen, dass beides zutrifft.
Johan erwähnte sehr oft in all unseren Zoomcalls, dass es eine herausfordernde Reise wird, da Heimweh, Seekrankheit vorkommen und man auch keine Privatsphäre hat. Diese Worte habe ich jedoch nicht immer so ernst genommen (Sorry Johan), denn Heimweh kannte ich nicht.
Bei der Seekrankheit dachte ich mir, ich werde es schon überleben und keine Privatsphäre zu haben kann ja nicht so schlimm sein.
Eines kann ich aber nach gut einem Monat hier an Bord der Pelican sagen: All diese Sachen sind verdammt anstrengend.
Vor allem Tage, an denen wir nicht im Hafen liegen, sind besonders hart. Ich war zwar nicht von der Seekrankheit betroffen, doch das Leiden der anderen zu sehen und das Wegwischen von der Kotze ist sehr anstrengend.
Bei unserer Reise gab es bis jetzt nur eine Kotznacht. Diese war auf der Nordsee. Auch wenn es nur eine einzige Nacht war, bei der gekotzt wurde, kann ich euch allen versichern, dass es die schlimmste Nacht für uns ALLE war.
Bei dem Thema Heimweh kann ich schon besser mitreden, da ich davon auch betroffen war. Durch den Tag ist man beschäftigt mit Watch, Schule, Segelsetzen und Essen. Am Abend jedoch, wenn man auf dem Deck sitzt, den Sonnenuntergang ansieht und auf den offenen, weiten Ozean starrt, beginnt man nachzudenken.

Man denkt über sich selbst, die Familie und die Freunde nach. Sicherlich denkt ihr jetzt alle, ist doch schön bei Sonnenuntergang auf einem Segelschiff zu sein und auf den Ozean zu starren. Wir jedoch hier an Bord haben diesen Sonnenuntergang etc. schon seit 35 Tagen (Wie Ann sagen würde).
Wir erleben hier so viele schöne Dinge, doch lässt mich der Gedanke an Zuhause noch nicht ganz los. Mit dem Heimweh kommt auch die nicht vorhandene Privatsphäre. Ist man traurig und denkt an Zuhause, wäre man manchmal gerne alleine an einem Ort.
Auf einem 45m langen Schiff und mit 46 anderen Personen ist dies jedoch sehr schwer. Ich persönlich kann sagen, dass all diese Fakten auf die Psyche gehen und es schwer ist, wieder aus der Trauer raus zu kommen.
Seekrankheit geht vorbei, Heimweh hält aber lange an. Trotzdem geniesse ich jeden Tag hier an Bord und bin sehr dankbar, dass ich die Chance bekommen habe, dieses einmalige Erlebnis erleben zu dürfen.
Also viel Liebe an die Lesenden.
Komisch geht es vielen mal. Nichts bleibt für immer, egal ob gut oder schlecht.

PS: Ich freue mich schon auf Einbag vom Haas, alleine durch die Rapsfelder mit Musik fahren und Artedokus an ruhigen Sonntagen mit dem Papa zu schauen.
Grüße an Mama, Papa, Maxim, Aljosch, Mia, Nele und Lea
Weitere Grüße:
Clara N.: Liebe Grüße an Mama, Papa, Anton und Oskar und Samo, Ade und Sophie. Ratet mal, wer ganz oben auf dem Mast war 🙂
Jele: Liebe Grüße an Mama, Papa, Emil und Paul und natürlich Merkurio. Inzwischen kotze ich nicht mehr so viel…