Datum: 13. November 2019
Autorin: Jacqueline
Position: Auf dem Weg zu den Cap Verden
Nautical Position: 23°37 N/ 019°47 W
Etmal: 164 Nm
Es war vor langer langer Zeit…
…als die See noch rau, das Wasser salzig und der Beruf des Bosuns noch in aller Munde war, als ein alter Rahsegler in See stach.
Auf der alten Lady wurde von morgens bis abends gelacht, gesungen, Rum getrunken und gegessen. Es wurde hart gearbeitet, Clews, Bunts und Leechlines zum Segelsetzen gefiert und Sheets eingeholt, Segel repariert und Wanten erneuert. Doch eines Tages ging der Rum zur Neige, die letzten Kartoffeln trieben schon aus und geduscht hatte seit Wochen keiner mehr.
Da wurde das letzte Fass Rum hochgeholt, um noch einmal richtig zu feiern, alle Sorgen zu vergessen und die Kälte, die durch den eisigen Wind, der achterlich in die Segel blies, auszublenden. Doch wie sie das Fass öffneten, fanden sie keine goldbraune Flüssigkeit vor, sondern einen Jungen; nicht älter als 25 und nicht jünger als 18, der sich in seinem Versteck zusammenkauerte und erschrocken in die Gesichter von bärtigen Seemännern schaute.

Aufregung an Bord
Es wurde heftig debattiert und diskutiert, wie er das Essen abarbeiten kann, welches er seit Wochen heimlich aus der Vorratskammer gestohlen hatte.
Die schlechtgelaunten Seemänner kamen zum Entschluss, dass er als Bosun´s Mate und Deckhand ideal geeignet ist und gleich mit der harten Arbeit anfangen musste. Er schrubbte das Deck, bis es funkelte, er takelte Seile, bis ihm das Garn die Finger wund rieb, er kletterte den Mast hoch und runter, bis seine Füße ihn nicht mehr tragen konnten und flickte Segel, bis er überall Blasen hatte.
Dem Jungen war kalt, er hatte Hunger und der ganze Körper tat ihm weh.
Doch der Bosun, wessen Aufgabe und Verantwortung das Equipment, das laufende und stehende Gut des Riggs, Segel zu reparieren und Tee trinken ist, lässt den Jungen nicht schlafen. Die Sonne ging auf und unter. Der Mond tauchte das Schiff in silber und die Sonne löste den Mond ab und ließ das Boot golden leuchten.

Der Junge hatte immer noch nichts zu essen bekommen und schlief immer nur 10 Minuten am Stück. Doch nach einer Woche wurde es besser. Das ganze Boot glänzte, die Wände waren alle neu gestrichen, alles wurde repariert, was in den letzten Monaten angefallen war und auch der Hafen kam in Sicht.
Der Junge war überglücklich, als er an seinem Ziel, einem neuen unbekanntem Land angekommen war und die Crew freute sich schon auf die Pubs und Bars.
Die Aufgabe des Bosuns
Bis heute haben sich die Aufgaben des Bosuns auf der Pelican of London nicht wirklich geändert. Die Crew ist etwas kleiner geworden. Die Mentoren haben gerade die Chance, eine Woche bei einem Crewmitglied über die Schulter zu schauen und ich habe das Glück, bis zu den Cap Verden, die wir in Kürze erreichen werden, als Bosun‘s Mate und Deckhand an Bord zu helfen. Meine Aufgabe unterscheidet sich nicht von denen, die der Junge vor langer langer Zeit hatte, aber ich bekomme regelmäßig wunderbares Essen und genügend Schlaf.
Es ist eine wunderbare Chance den Beruf des Bosuns wieder etwas mehr ins Rampenlicht zu stellen und selber an so einem traditionellen Beruf teilhaben zu können.