Gute Ruh, Kameraden, verfangt die Wacht!

Schiff: Johnny
Datum: 21. März 2025
Position: Nordatlantik
Nautische Position: 36°53,5′ N 040°01,3′ W
Etmal: 134 sm
Gesamte Distanz: 11.304 sm

Schon beim Briefing vor unserer Abfahrt in Bermuda erzählte uns Jörn ein wenig über das untergegangene Segelschiff Pamir und bat uns, einen Kranz in Gedenken an die Besatzung zu basteln. Nun, nach schnellem Vorankommen und einem Sturm, der uns Hunderte Meilen vom Kurs abbringt und uns die Kraft von Wind und Wetter sicherlich hat spüren lassen, sind wir um 10:00 Uhr 54 sm und mit 190° Peilung von der Pamir entfernt.

[Kenterort der S/S Pamir: 35°57‘ N 040°20‘ W]

Wie beim regelmäßigen „Gottesdienst“ versammelten wir uns auf dem Achterdeck und Jörn erzählte uns vom Segelschulungsschiff Pamir, das mit 86 Besatzungsmitgliedern und 150 Tonnen Getreide in Richtung Faial unterwegs war. Grund für das Kentern des Schiffes war eine schlechte Ladungssicherung, welche die 150 Tonnen Getreide bei Sturm und nach dem Lenzen des Sturms nicht mehr halten konnte. Er las ebenfalls einen Brief vor – dieser war von einem Kadetten auf der Passat, dem Schwesterschiff der Pamir:

Im Novembersturm fast gekentert

„Vorgestern sind wir hier [Lissabon] angekommen. Das Schiff und natürlich auch ich sind vollkommen unbeschädigt. Wenige Tage nach unserer Abreise aus Buenos Aires erhielten wir die ersten Nachrichten vom Unglück der Pamir. Die Flagge ging auf Halbmast, während wir durch die Flaute motorten. Eine dumpfe Stimmung lag über dem ganzen Schiff. Bei jeder Nachrichtensendung waren Funkbude und Kartenhaus dicht umlagert. Tiefe Trauer herrschte bei vielen, denn Brüder, Vettern und Freunde waren draußen geblieben.

Am Sonntag, nach Beendigung der Suchaktion, wurde am Morgen nach alter Tradition auf der Poop [Achterdeck] unter der Flagge eine Gedenkstunde abgehalten. Der Kapitän gedachte der Toten und ermahnte die Besatzung, als Seeleute den Schicksalsschlag zu tragen. Zufällig war gerade der Südostpassat durchgekommen und die Feier endete nach einer Gedenkminute mit dem Kommando: „Heiß Flagge! Rahen vierkant, alle Segel los!“

Der Bann war gebrochen und der Rest der Reise verlief in normaler Stimmung. Bei gutem Wetter wurden im Azorenhoch die Luken geöffnet, die Säcke an Deck gestaut und sämtliche Hohlräume, die durch das Setzen der Gerste unter Deck entstanden waren, wieder aufgefüllt und mit den Säcken sorgfältig gesichert.“

[Ein Brief von Thorolf Glahn, Kadett auf der Passat, dem Schwesterschiff der Pamir]

Jörn hatte noch einen weiteren Erinnerungswert im Gedenken an die Besatzung der Pamir, nämlich ein kurzes Gedicht, entnommen aus einem alten Lied:

So weiß ich, was ich glaube,
Ich weiß, was fest besteht,
Und in dem Erdenstaube
Nicht mir als Staub verweht.

Ich weiß, was in dem Grauen
Des Todes ewig bleibt,
Und selbst auf Erdenauen
Schon Himmelsblumen treibt.

[E. M. Arndt 1819]

Und nach einem Vaterunser in Richtung Pamir wurde der Kranz schließlich zu Wasser gelassen, begleitet von Papierbooten, die Nationale auf Halbmast.

„Gute Ruh, Kameraden, verfangt die Wacht!“ Mit diesen Worten starteten wir unsere Fahrt um den Kranz und die Papierboote und drei lange Typhoonsignale ertönten.

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