Our time runs out…

Schiff: Johann Smidt
Datum: 18.April 2025
Position: Englischer Kanal
Nautische Position: 51°55,7‘N 002°51,3‘E
Etmal: 155 nm
Totale Distanz: 13.946 nm

Amsterdam kommt immer näher

Nur noch zwei Tage bis Amsterdam, in weniger als 48 Stunden werden wir mit unserem kompletten Gepäck von Bord sein und die Johnny so schnell vermutlich auch nicht wiedersehen.

Johnny News

Übersicht:

⁃ der erste April
⁃ San Malo
⁃ Sprachenwechsel
⁃ Planung der Ankunft
⁃ Passiv-/Aktivwachen
⁃ Das kleine Wasserproblem
⁃ Das kleine Stromproblem
⁃ Die Kälte
⁃ Steuerwettbewerb
⁃ Packen

Der erste April

Was passiert, wenn am ersten April drei Schiffe mit Jugendlichen im gleichen Hafen liegen? Genau, ein Haufen Chaos. Die diesjährigen Opfer/ Teilnehmer waren die Schiffe Regina Maris und Johann Smidt des Ocean Colleges und die Gulden Leeuw, repräsentierend HSHS. Wir waren tatsächlich eigentlich relativ friedlich gestimmt, was auch daran liegen könnte, dass wir der Reggie schon einen kleinen Streich gespielt hatten.

Dafür muss zuerst erwähnt werden, dass wir an unserem ersten Tag in Horta Besuch von Maxim und Kasper bekamen. Die beiden Lehrer der Reggie hatten einen großen Topf mit einer zwar harmlos aussehenden, aber uns dennoch sehr verdächtig erscheinenden Kartoffelsuppe im Gepäck. Dieser wurde prompt bei uns abgeliefert, da sie noch etwas übrig gehabt hätten – was ihn nicht vertrauenswürdiger machte.

Deshalb war die Suppe alsbald mit einer freundlichen Nachricht unsererseits auch wieder auf der Reggie aufzufinden, zusammen mit ein bisschen Verschönerung in Form von Fotostickern und einer schicken Unterhose als Flagge.

Eben jene Unterhose lebte die letzten zwei Monate in unserer Lost & Found-Box – wir vermuten, dass sie noch vom Touri-Törn während unseres Costa-Rica-Aufenthalts war. Mit dieser Aktion war das Verlangen nach Chaos von Seiten der Johnny eigentlich gesättigt. Doch wir hatten nicht mit der Gulden Leeuw gerechnet, denn wie schon in meinem letzten Blog erwähnt, bekamen wir Besuch.

„…wir kurz vor null noch Besuch von ein paar Schülern der Gulden Leeuw bekamen, scheinbar mit der Absicht, eine Verbündung gegen die Reggie einzugehen – doch war es wirklich so? Immerhin war es fast der erste April…“

Bei der Möglichkeit, die Reggie zu pranken, ließen wir uns natürlich nicht zweimal bitten. Doch die Gulden Leeuw war gerissen… Als wir nämlich gerade mit bei der Reggie waren, kamen erneut Schüler von HSHS zu unserem Schiff und ehe wir uns versahen, waren unsere Flaggen, unsere Schiffsglocke sowie eine unserer Tafeln verschwunden.

Die Reggie erlitt ein ähnliches Schicksal, sodass bald die Gulden Leeuw von multiplen Flaggen geschmückt war. Bemerkenswert war dabei, dass der Plan, mit uns zur Reggie zu gehen, eine schnell erfundene Notlüge war, als bemerkt wurde, dass wir noch alle wach waren. Leider wurde bei der nächtlichen Aktion die Flaggenhalterung der Reggie beschädigt, die sich ganz oben auf dem Großmast befand. Dies fand Marie, deren Schiffszuständige, verständlicherweise gar nicht lustig.

Auch unser neuer Kapitän Uwe war nicht gerade begeistert und da einige von der Reggie einen etwas sehr drastischen Rückschlag auf die Gulden Leeuw ausübten, herrschte am nächsten Tag etwas angespannte Stimmung – obwohl natürlich alle Errungenschaften zurückgebracht wurden. So wurde auch ein gewisser Watchleader der Reggie leider direkt wieder vom Boot gescheucht, als er zu Besuch kommen wollte.

Auch unsere Lehrer hatten sich in Zusammenarbeit mit denen der Reggie etwas für den ersten April überlegt. Deren Idee war es, mit gepackten Taschen beim jeweils anderen Boot aufzukreuzen und zu behaupten, die Lehrer würden die Schiffe tauschen – was ihnen dann aber wohl doch zu viel Arbeit gewesen wäre.

Saint-Malo

Unser nun endgültig letzter Stopp hat uns wieder nach Frankreich gebracht, nach Saint-Malo, was eine wunderschöne alte, aber auch moderne Stadt mit einer schönen Altstadt ist, die einer Mittelalterstadt sehr ähnelt. Dieser letzte Stopp hat uns das immer weiter nähernde Ende unserer Reise gleichzeitig klarer, aber auch schwerer begreifbar gemacht.

So waren wir wieder auf europäischem Festland, was auch definitiv bemerkbar war und uns die kurze Strecke nach Hause klarmachte – vor allem, wenn man bedenkt, dass wir von Saint-Malo bis nach Hause mit dem Zug weniger als einen Tag gebraucht hätten. Gleichzeitig fühlte es sich aber auch wieder so an, als ob wir immer noch mitten in der Reise wären – mit einem weiteren Landstop.

Wir hatten zum wirklich letzten Mal Free Shore Leave, hatten aber ohnehin nicht damit gerechnet, vor Amsterdam nochmal von Bord zu können. Es machte uns auch klar, dass wir immer noch eine Woche Zeit auf der Johnny haben – eine ganze Klassenfahrt, wie Jacob uns erinnerte.

Auf See fühlt sich die Zeit anders an, schneller und langsamer zugleich; die Tage verschwimmen oft etwas ineinander. Doch so wurde uns klar, dass es auch noch eine ganze Woche und nicht nur noch eine Woche ist.

Sprachenwechsel

Was viele von uns bei den vielen Stopps oft verwirrt hat, ist der Sprachenwechsel in so kurzer Zeit. Ich werde kurz die unterschiedlichen Stopps und deren Sprachen auflisten – und vielleicht können sich einige schon denken, was das Problem ist:

  • Amsterdam: Niederländisch
  • Vigo: Spanisch
  • Marokko: Französisch
  • Teneriffa: Spanisch
  • Kapverden: Portugiesisch
  • Martinique: Französisch
  • Costa Rica: Spanisch (für drei Wochen!)
  • Kuba: Spanisch
  • Bermuda: Englisch
  • Azoren: Portugiesisch
  • San Malo: Französisch

(Ich lasse manche aus, wenn wir nur zu kurz da waren.)

Wie man sieht, kamen wir oft von einem spanischsprachigen Land direkt in ein französisches, wo man sich erst wieder an die Sprache gewöhnen musste – und dann kam das Gleiche wieder andersherum. So ist vermutlich jeder von uns schon mal versehentlich in der falschen Sprache gegrüßt worden.

Planung der Ankunft

Wie Sie sicherlich auch schon mitbekommen haben, ist die Planung unserer Ankunft schon in vollem Gange – bzw. eigentlich schon beendet. Doch bei uns wurden inzwischen die Kleinigkeiten ausgearbeitet: Wer ist beim Einlaufen an den Leinen, wer darf steuern, wer darf auf den Schoner, wer darf aufs Groß, wird Musik gespielt, was für Musik wird gespielt, wann werden die Reden gehalten und so weiter und so fort.

Passiv-/Aktivwachen

Da wir nicht genug sind, um – mit Abzug von Steuerleuten, Kapitän, Maschinisten, Köchinnen und Backschaftlern – unser Konzept mit Backbord-/Steuerbordwachen weiterzuführen, gibt es nun Aktiv- und Passivwachen. Die aktive Wache ist die an Deck, die wirkliche Wache geht und die passive Wache muss in der Messe sein. Sie darf zwar schlafen, muss aber für den Fall arbeitsbereit sein.

Doch alles ist besser, als tatsächlich mehrere Tage hintereinander acht Stunden Wache am Tag zu gehen, was zu allgemeinem Schlafmangel geführt hat.

Das kleine Wasserproblem

Unser Wassermacher hat uns über die Reise gute Dienste geleistet und immer genug Frischwasser erbracht – aber nun hat er offenbar keine Lust mehr. Denn seitdem wir wieder aus Saint-Malo los sind, gibt es kein neues Wasser mehr. Glücklicherweise haben wir noch genügend in den Tanks gehabt.

Doch sieht ein Teil dieses Wassers aus wie Fanta – ist aber keine. Das liegt daran, dass sich im Tank entweder etwas abgelagert hat oder die Farbe des Inneren sich ablöst. Jedenfalls ist unser Wasser momentan gelb.

Das kleine Stromproblem

Letzten Sonntag wurde es zum dritten Mal auf der Reise plötzlich ganz still auf dem Schiff. Normalerweise hört man – selbst wenn der Motor nicht an ist – immer noch unseren Generator, aber dieser war auch ausgefallen. Wir waren gerade dabei, Pfannkuchen fürs Frühstück zu machen, da ging das Licht aus – sowie der Herd – und das war’s erst mal mit dem Frühstück.

André, Benjamin, Julius und Vera, unser erweitertes Maschinisten-Team, waren natürlich direkt daran, das Problem zu beheben. Aber wir mussten alle Lichter ausmachen, damit der Notstrom zumindest noch für alle Instrumente und Computer auf der Brücke reichte.

Jana und ich waren schon am Verzweifeln, was wir zu essen machen könnten, sollte der Strom nicht zurückkommen, da wir weder Herd noch Backofen noch Wasserboiler benutzen konnten – und auch den Kühlschrank möglichst nicht öffnen sollten, damit er nicht durch erneutes Runterkühlen Strom verbraucht.

Dass wir uns gerade im Englischen Kanal befanden und damit nur wenige Meilen sowohl von der französischen als auch der britischen Küste entfernt waren, beruhigte sehr. Zusätzlich sollten wir ohnehin an diesem Tag in Saint-Malo ankommen – und wir hatten genug Wind zum Segeln. Natürlich hat unser kompetentes Maschinisten-Team den Fehler alsbald lokalisiert und daraufhin auch sofort behoben. So konnten wir ganz gemütlich in Saint-Malo ankommen.

Kälte

Durch Wache müssen wir täglich vier Stunden am Stück in der Kälte des europäischen Frühlings ausharren, weswegen inzwischen der Wasserboiler im Dauereinsatz ist – für Wärmflaschen und Tees. Deshalb stieß ein kurzzeitiges Benutzungsverbot auch auf große Empörung.

Auch unser Ölzeug ist nun wieder immer in Benutzung, nachdem es ab Marokko kaum noch das Tageslicht sah. Nach meiner inneren Jahreszeiten-Uhr ist es übrigens gerade Herbst, denn es war warm, und jetzt ist es kalt.

Ein weiteres Problem ist die Kälte in der Messe, wenn wieder jemand die Schotten nicht zugemacht hat, und dass wir im Mädchenzimmer nicht heizen konnten, da der Platz vor der Heizung mit unseren Gummistiefeln vollgestellt war.

Steuerwettbewerb

Da nach Carlottas starker Performance von 12 Stunden ohne Pause durchsteuern keine weiteren Versuche unternommen wurden, ihren Rekord zu schlagen, kann Carlotta nun zur längsten Rudergängerin gekürt werden. Damit steht nun auch die weitere Platzierung:

  1. Platz: Carlotta (12 h)
  2. Platz: Fridolin (8 h 10 min)
  3. Platz: Toni (8 h 5 min)

Packen

Die Hälfte des gestrigen Tages haben wir mit Packen und Aufräumen verbracht. Die Bilgen wurden ausgeräumt, überall lagen Taschen rum – kurz: Es war ziemlich chaotisch. Obwohl wir inzwischen schon ein bisschen Übung darin haben, sind wir doch weit gekommen. Außerdem ist diesmal die Devise: Nur alles muss irgendwie von Bord.

Alles fertig Gepackte wird im Seegarten zwischengelagert und nur noch die wichtigsten Sachen sind noch bei unseren Betten. Das Schiff wird immer leerer, aber auch immer ordentlicher.

Wisst ihr noch als-Momente

  • Jacob an Weihnachten von den Jungs ins Wasser geworfen wurde
  • Als Daniela aus der Dusche gefallen ist
  • Nele ihren Geburtstag nachts mit Benji und Hannes gefeiert hat
  • Die Dschungelwanderung in Martinique
  • Baden an Halloween
  • „Lieber Gott, bitte mach, dass ich keine Fritten mehr holen muss“ – Benny „NEEEEIIIN“
  • Thees durch die Messe flog
  • In Bocas versehentlich ein Apple Pencil geklaut wurde
  • Toni antikapitalistische Einkäufe tätigte

Wofür habt ihr das meiste Geld ausgegeben?

  • Süßigkeiten
  • Kleidung
  • Alkohol (von Malte)
  • Essen
  • Fruchtsaft

Eure liebste Erinnerung?

  • Kaffeefarm + Sonnenuntergang aus dem Truck auf dem Rückweg vom Wasserfall
  • Quadfahren
  • Wasserfall auf der Kaffeefarm
  • Baden, Martinique, Sonnenuntergang
  • Erstes Sturmfrei auf San Blas
  • Strandbesuch Canoua
  • Schildkröten-Schnorcheln auf den Kapverden

Ein Mitbringsel:

  • Muscheln aus San Blas
  • Zigarren aus Kuba
  • Holzartikel aus Marokko
  • Kokosnuss von San Blas
  • Bri-Bri-Schüsseln
  • Viele Magneten

The End

Dies wird nun endgültig mein letzter Blog sein und hiermit verabschiede ich mich und sage schon mal: Bis IJmuiden.

Es sind nur noch wenige Meilen bis zu unserem Zielhafen und weniger als zwei Tage, bis wir die Johnny verlassen müssen. Während wir uns alle auf den Komfort und die Vertrautheit von Zuhause freuen, will niemand so recht, dass diese Reise, dieses Abenteuer, unsere gemeinsame Zeit, unser bester „Sommer“ zu Ende geht. Doch wir haben ja noch etwas Zeit…

Greetings:

Katharina: Nachträglich nochmal alles Gute zum Geburtstag, Papa. Bis Sonntag und wehe, Bossi ist nicht dabei!

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