Datum: 30.12.2022
Autor: Theodor
Position: Curaçao
Nautical position: 12° 08.844′ N 069° 00.072′ W
Etmal: 5138NM
Ship: Regina Maris
Genau genommen ist unser Tag nicht am Tag, so wie ihn die meisten Menschen definieren würden, gestartet, sondern gegen 01:00 nachts. Auch die Weckmethode war recht hart, denn die Schiffsglocke wurde selten so stark geläutet (Danke an Jule). In Panik sind alle aufgeschreckt, auf das Main Deck gerannt und dann hieß es „Piraten!“.
Nun stellt sich die Frage, welche Freibeuter hier unser Schiff geentert haben, oder zumindest kurz davor sind? Darauf gibt es eine „kurze“ Antwort:
Gegen 01:00 Uhr nachts haben sich der Kapitän und Lisa (3rd Officer) ein einheimisches Ruderboot „ausgeliehen“, um von der Badebucht auf die Reggie zu gelangen. Als gute Anchor Watch hätte man dieses Ruderboot entdecken müssen, um Lisa und den Kapitän ordentlich anzufeuern. Stattdessen sind sie völlig unbehelligt sehr nah an das Schiff herangekommen und haben danach unsere Anchor Watch ein wenig getestet. Daraus wurde dann eine zehn Minuten lange, nicht sehr leise verlaufende Operation unbemerkt auf das Schiff zu gelangen, weiterhin unbemerkt durch die Anchor Watch.
Die Folge war dann das Weckmanöver und eine Ansprache über die Bedeutung der Anchor Watch, insbesondere vor Curacao. Denn es ist nunmal so, dass es leider immer wieder vorkommt, das von Venezuela aus vor der Küste von Curacao Schiffe überfallen werden. Und um eben genau das zu vermeiden oder zumindest weniger gefährlich zu machen, ist eine wachsame und effektive Anchor Watch notwendig. Auch haben wir hier erstmalig die Besonderheit, dass wir die Anchor Watches gedoppelt haben, sprich jetzt sind es statt drei sechs Personen pro Watch (2 Stunden).






Jetzt fragt ihr euch bestimmt, was wir denn machen würden, wenn Piraten uns angreifen würden. Tja, da gibt es ein ausgeklügeltes Sicherheitsystem, das von Türen verbarrikadieren bis Notruf alles Grundlegende abdeckt, also keine Sorgen machen, liebe Eltern. Und wenn Freibeuter Martin wieder da ist, erst recht nicht, denn der schlägt mit seinen Macheten aus dem Wheelhouse zurück ;).
Der erste (richtige?) Tag in Curacao
Nach der Piratennacht wurden wir heute etwas früher geweckt. Das Etwas hieß dieses Mal so gegen 07:00 Uhr. Denn heute stand etwas sehr Wichtiges an, die Immigration. Bisher mussten wir uns nur einmal in einem anderen Land anmelden und das waren die Kap Verden. Da sie auf Curacao etwas strenger sind, mussten wir diesmal alle persönlich zur Immigration mitkommen. Dass das viel Zeit des Tages in Anspruch nehmen wird, war irgendwie schon klar, aber so viel Zeit war dann doch nicht so klar. Zugegebenermaßen war es nicht nur die Bürokratie, sondern auch der Ort der maritimen Immigration, den wir zuerst mal suchen mussten, die Suche glich eher einer kleinen Wanderung.
Dennoch wie schon erwähnt, mussten wir auch noch vor Ort wegen der bürokratischen Auflagen ca. vier Stunden auf einem Parkplatz irgendwo in einem Industriehafen warten. Durst und Hunger ließen die meisten schon nach zwei Stunden leiden. Bei denen, die vorgesorgt haben, waren es vielleicht drei.
Da der Bus, der uns von unserer Bucht in die Hauptstadt der Insel Willemstaad brachte, nur jede Stunde fährt, mussten wir uns für die Immigration in zwei Gruppen aufteilen.






So kam es, dass die erste Gruppe, in der ich war, die Coast Guard rausfetzen gesehen hat, die laut späterer Erzählung der zweiten Gruppe unser Schiff gegen 10:00 geentert hat. Der Einsatz der Küstenwache war auch nicht ganz unberechtigt, da wir uns ungefragt an einer Mooring Boje festgemacht haben, die uns nicht zugestanden hat. Das war nach zwei Stunden Warten bei der Immigration für die erste Gruppe ein echter Aufreger und hat die mittlerweile eingeschlafenen Gespräche wieder ein wenig belebt. Unser Schiff wurde dann von heute Mittag bis Nachmittag direkt in den Hafen von Willemstaad umgelegt. Einerseits traurig, da wir jetzt nicht mehr so einfach schwimmen können, andererseits cool, weil jetzt einkaufen etc. einfacher ist. Aber der wohl beste Part daran wird das hoffentlich spektakuläre Feuerwerk sein. Die Einheimischen hier böllern nämlich schon seit zwei Tagen durch, als wäre es bereits Silvester. Nach der Immigration hatten wir noch bis 17.30 Uhr free shoreleave!
Say goodbye
Neben all diesen schönen und spannenden Erlebnissen, die bisher an diesem Tag so passiert sind, muss ich leider erwähnen, dass sich Lex, Lisa und spontan auch unser Koch von uns verabschiedet haben. Das stimmt uns alle sehr traurig und gibt dem Tag einen bitteren Beigeschmack.
Arrgghhh ihr Landratten (Piraten halt)
Da unser Koch so spontan abgedüst ist, brauchten wir ein Abendessen und einen neuen Chefkoch. Im Eifer des Gefechts klaute der Koch „aus Versehen“ eine Hose und ein T-Shirt. Da wir trotzdem ein Abendessen brauchten, wurde Justus neuer Chefkoch. Er kochte mit der Galley Duty und dem Mitwirken einer kompetenten und überragenden Köchin Maliqa eine minuziöses Abendmahl. Es waren Spaghetti mit Pesto, aber lecker! Und deswegen geht ein großes Danke an unser heutiges Kochteam raus!!!




Nun lasst uns wieder zu dem Hauptthema des Tages kommen, den Piraten. Piraten gibt es überall, beispielsweise vor Curacao, aber auch vor Afrika und Asien, also warum nicht auch auf dem Course Sail unserer Reggie. Und diesmal sind es sogar echte Piraten, nicht die Coast Guard oder (hähem) Freizeit Freibeuter.
Dass wir so richtige Piraten sehen konnten, wurde nur dadurch möglich, dass Larissa, Ruben (2nd Officer) und Jörn einen Beamer so grazil festgeknotet haben, dass wir unser Course Sail als Leinwand benutzen konnten. Mit unserer großen Musikbox haben wir so ein richtiges Heimkino mit Tribüne geschaffen. Die Tribüne stellte unser Bowsprit dar, den wir mit Sitzsäcken und Isomatten maximal gemütlich gemacht haben.
Ach so, und falls ihr es noch nicht erraten habt, wir haben natürlich „Fluch der Karibik“ geschaut.
Heute Nacht bleiben alle nicht so lang auf, da wir morgen SILVESTER haben! Also Gute Nacht 🙂 u