Schlaf & Pläne

Schiff: Johnny
Datum: 05. Februar 2025
Position: Einige Meilen vor der Küste von Kuba
Nautische Position: 19°39,0‘N 083°28,0‘W
Etmal: 192 nm
Gesamte Distanz: 7.441 nm

Ein kleiner Tagesbericht…

Der heutige Tag startet für mich um 03:45, als mich Jana aus dem Schlaf gerissen hat, um – für manche Leute unvorstellbar, für mich vor der Reise auch – zur 04:00-08:00-Watch anzutreten.

Wobei ich erst vor zwei Tagen mitbekommen habe, was es heißt, wirklich müde zu sein – was vielleicht auch daran lag, dass ich erst kurz vor 02:00 eingeschlafen bin.

Dementsprechend bin ich beim ersten Wecken, ohne irgendwas zu verstehen, direkt wieder eingeschlafen, ohne dass mein Gehirn auch nur registriert hat, dass jemand mit mir geredet hat. Beim nächsten Mal habe ich zumindest kapiert, dass wohl irgendwas los war, habe aber mindestens eine halbe Minute auf die Uhrzeit meiner Armbanduhr gestarrt, um zu verstehen, was ich um 04:00 morgens machen muss – bis meinem übermüdeten Gehirn eingefallen ist, dass um 04:00 meine Wache beginnt.

Dieses Mal habe ich aber glücklicherweise mehr Schlaf bekommen und so war es weitaus angenehmer, aufzustehen. Da die Seekrankheit inzwischen auch vollständig bewältigt wurde, kommt es nicht mehr oft zu Ausfällen in der Wache. So sind wir tatsächlich vollständig (Noam, Fufu und ich) und nur aus einer Wachgruppe zur Wachübergabe angetreten.

Die ersten Tage nach Costa Rica waren die Wachen nämlich immer aus denen, die gerade konnten, zusammengewürfelt. Da die A-Wache – bestehend aus Maja, Nele, Litti, Hannes und Leonie für Steuerbord sowie Noam, Toni, Fufu und mir für Backbord – sowohl krankheitsbedingt (Maja, Hannes, Leonie) als auch seekrankheitsbedingt (Nele, Litti, Fufu, Toni, Noam, Leonie, ich) mehr oder weniger lange und mehr oder weniger stark vollständig nicht wirklich einsatzfähig war.

Unsere einzigen seefesten Personen, nämlich Maja und Hannes, waren angeschlagen. Hannes konnte glücklicherweise schon am ersten Tag Wache laufen, während die anderen größtenteils auf dem Schiff verteilt herumlagen. Ich beispielsweise habe meinen Kotz-Counter am ersten Tag auf See von neun auf 16 gebracht.

Wobei es mir am zweiten Tag zumindest an Deck wieder ziemlich gut ging. Da wir Segel gesetzt haben, hat sich auch die Schiffsbewegung stark gebessert. Was uns nämlich zusätzlich zu den drei Wochen Abgewöhnung in Costa Rica wieder hart getroffen hat, war starkes Rollen – was wir allerdings vom Atlantik schon allzu gut kennen – und zudem noch heftiges Stampfen, was wir seit der Ausfahrt aus Amsterdam nicht mehr hatten und uns dementsprechend wortwörtlich zu Boden gebracht hat.

Deshalb konnten die Seekranken oft nur Ausguck machen oder erst gar nicht zur Wache antreten. Am Anfang wurden jegliche Pläne über Bord geworfen und es machten immer die Wache und Backschaft, die es konnten. Das hieß z. B., dass Kiki zwei Tage nacheinander die Kombüse fast allein geschmissen hat – wobei zumindest die Seekrankheit dafür sorgte, dass unser Essenskonsum stark zurückgegangen ist. Wobei sich die Seekranken fast immer über eine neue Packung Zwieback gefreut haben – auf leeren Magen kotzt es sich so schlecht.

Da einige in unserer Wache allerdings von Seekrankheit bzw. in Majas Fall von normalem Kranksein länger betroffen waren als andere, hatten wir, als der normale Wachplan mit Stb. und Bb. eigentlich schon wieder lief, trotzdem an einem Stb.-Tag bis auf eine Person aus Stb. nur drei aus Bb. anwesend.

Glücklicherweise ist die Seekrankheit jetzt wieder gänzlich besiegt. Obwohl wir weiterhin fast durchgehend Windstärke fünf mit Böen bis sechs haben, wurde die Johnny dadurch, dass wir Segel setzen konnten und der Wind inzwischen von der Seite kommt, viel ruhiger. Der Wind sorgt außerdem dafür, dass wir Kuba mit einer Geschwindigkeit von sechs bis neun Knoten näherkommen.

Während der frühen Stunden unserer Tageswache hatten wir nur Gesellschaft von Jana und Daniela, die vor uns Wache hatten und noch ein wenig geblieben sind. Doch je später es wurde, desto mehr Leute tauchten auf, bis wir mit den drei Wachgängern und den Gästen kurzzeitig zehn Leute waren.

Als es allerdings zum Abendessen klingelte, ließen uns alle allein am Steuer zurück und gingen essen, während wir noch auf unsere Ablöse warten mussten. Innerhalb unserer Wache wurde auch der Steuerstand neu verschönert, da die Sticker so langsam ihre Farbe verloren haben. Nach dem Abendessen wurde Danielas schon etwas ausgewachsener Buzzcut zu einem Mönchskranz – so wie Veras braun-blonde Haare wieder neu blau.

…Und viel Gelaber…

Schlafrhythmus & Vor- und Nachteile der Wachen:

0-4/12-16

Geschlafen wird von ca. 04:15 bis 11:15, manche versuchen auch, vor der Nachtwache noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, was allerdings etwas schwierig ist, wenn alle im Zimmer noch wach sind. Zusätzlich muss man am nächsten Tag wieder um 07:00 aufstehen, weshalb ich beispielsweise an Unterrichtstagen 20 Stunden (08:00 morgens bis 04:00 nachts) wach war und an Wachtagen nur zwölf Stunden (04:00 bis 24:00).

Vorteile

  • Man darf nachts essen, da man das Frühstück verschläft.
  • Es ist nachts niemand anderes wach.
  • Wunderschöne Sternenhimmel.
  • Man ist vor allen anderen zum Mittagessen da und bekommt deswegen teilweise mehr.

Nachteile

  • Stark anderer Schlafrhythmus als die anderen.
  • 12:00-16:00-Wache in praller Sonne.
  • Es ist nachts niemand anderes wach.
  • Verpasste Pathways-Vorträge, die oft nach dem Mittagessen gehalten werden.
  • Auf Land- und Unterrichtstagen anderer Schlafrhythmus.
  • Man muss für den nächsten Tag Brot backen.
  • All-Hands kollidieren oft mit dem Schlaf (z. B. Anlegen, Segel setzen, Ankern, Ablegen oft so um 08:00, bisher vielleicht einmal früher Nachmittag).

04:00-08:00/16:00-20:00

Wenn man Wache hat, ist der Schlaf in zwei Mal ca. vier Stunden aufgeteilt. Vor der Nachtwache schläft man von 00:00 bis 04:00 und nach der Wache geht man frühstücken und dann auch direkt wieder ins Bett bis zum Mittagessen. An Unterrichtstagen schläft man einfach von 00:00 bis 07:00.

Vorteile

  • zwei Stunden Nachtwache Ruhe, dann kommen so langsam Leute an Deck (Lehrer und Crew oft schon um 06:00).
  • Auch bei Tagwache oft Leute da.
  • Sonnenauf- und -untergang.
  • All-Hands selten in der Wachzeit, aber oft kurz danach.
  • Halbwegs beständiger Schlafrhythmus.
  • Nie in der prallen Sonne.
  • Man darf wecken.

Nachteile

  • Zeitstress beim Abendessen, da man für kurze Zeit abgelöst werden muss.
  • Nachts die Kombüse für die Backschaft vorbereiten (Tassen vom Abend/Nacht spülen, wenn etwas nicht seefest war, aufräumen).
  • Unterbrochener Schlaf.
  • Man muss wecken.

08:00-12:00/20.00-00:00

Was den Schlafrhythmus angeht, ist diese Wache wohl die angenehmste, da man durchschlafen kann und auch auf Unterrichtstagen keine Umstellung hat, allerdings ist es gleichzeitig schlaftechnisch auch die schlimmste, da man zumindest an Unterrichtstagen nie mehr als ca. sechseinhalb Stunden bekommen kann, weil man immer bis ca. 00:30 nicht einschlafen kann und um 07:00 schon wieder geweckt wird.

Vorteile

  • Stabiler Schlafrhythmus.
  • Oft Gesellschaft.
  • Keine Umstellung für Landtage.
  • Oft wach bzw. Wache bei All Hands.

Nachteile

  • Möglicher Schlafmangel (überwiegt alle Vorteile).
  • 08:00-12:00-Wache in der prallen Sonne.
  • Bei Ein-Tages-Stops alle Wachen (Morgenswache ankommen, Abendswache ablegen).
  • Man verpasst die schönsten Stunden des Tages abends, wo die meisten frei haben und wach sind.
  • Man verpasst Filmabende.

Flash Johnny News…

Der neue Steuerkampf

Während manche an Bord ungern Wetter machen, verachten andere das Steuern, doch für manche hier an Bord stellt Steuern gar kein Problem dar. Erst heute hat Paul einen neuen Steuerrekord aufgestellt mit fünf Stunden und zehn Minuten und gerade eben finden Verhandlungen mit Malte statt, ob man mal eine 24-Stunden-Wache-/Steuerchallenge machen darf und Toni will übermorgen Nacht von 00:00 bis 08:00 durchsteuern.

Unsere Kandidaten sind bisher:

  • Paul
  • Benjamin
  • Julius
  • Toni

Desinfizierplan

Der Desinfizierplan ist etwas, was uns die Baumkrankheit und unser neuer Medic gebracht hat und ist noch nicht ganz ausgereift. Die Idee ist, dass die aufziehende Wache alle Flächen, an denen sich vor allem die Wache an Deck festhält, einmal zu desinfizieren, so z. B. das Steuerrad, Haltegriffe und Sitzflächen neben dem Steuer.

Zusätzlich wird einmal am Tag alle Flächen in der Messe desinfiziert, wie die Tische, die Bänke, die Griffe an den Niedergängen und die Polster. Hoffentlich wird das Problem Baum mit diesen Vorkehrungen bald in der Vergangenheit liegen.

And the end.

So…

Das war dann doch viel Text dafür, dass ich am Anfang nicht wusste, worüber ich hätte schreiben sollen. Der Tag war doch etwas ereignislos. Kuba liegt vor uns und ich kann nicht aufhören, in Vorfreude, jedes Mal, wenn ich daran denke, „Havanna“ zu singen.

Greetings:

Flurina: Liebes Mami, ich wünsch‘ Dir alles Gueti zu Geburi🥳 Gnüss din Tag und ä ganz dicki umarmig❤️❤️❤️ Han dich gan doll lieb (ich weiss du häsch am 6. aber ich glaubes duret bis Blogs ufe gladet werdet)

Jana:Ich lieb‘ euch alle sehr. Kuss kuss

Vera: Hannah, alles Gute nachträglich! Sorry, dass ich erst jetzt schreibe! Hoffentlich hattest Du einen tollen Tag! 👋👋

Julius: Henri, alles Gute zum Geburtstag Du Ginger🎉 Ich hoffe, Du feierst schön mit allen und trinkt einen für mich mit. Gute Zeit Dir noch und wir hören uns!

Katharina: So viel zum Thema Seekrankheit, Liné, ich hab fast verdoppelt :)… Ich bin auch schon am beantworten Deiner Fragen, weiß aber nicht, wann ich Briefe loswerden kann. Außerdem habe ich mich der Gruppe angeschlossen, die ihre Smartphones nicht haben wollen. Wir haben einfach das Gefühl, unsere Handys schon zu oft bekommen zu haben und kommen, wenn wir sie bekommen, nie dazu, uns den fremden Ort anzuschauen, an dem wir sind und dazu ist dieses Erlebnis zu selten. Ich bitte um Verständnis und werde versuchen, es mit ganz vielen Briefen zu kompensieren. Ich denke, spätestens vor der zweiten Atlantiküberquerung werde ich nochmal versuchen, einen Rutsch loszuschicken. Hab‘ euch lieb 💜💜💜

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