Be prepared

Datum: 17.04.2024
Geographische Position: 52°16.1′ N 003°28.4′ E
Etmal: 103 nm
Total: 12177 nm
Schiff: Regina Maris

Es ist Mittwoch. Es sind noch drei Tage, bis wir unsere Familien wieder in die Arme schließen können. Doch in den letzten sechs Monaten haben wir uns viel verändert. Wir haben andere Gewohnheiten etabliert, bei denen es schwierig wird wieder zurück zu finden. Also: Liebe Eltern und Freunde: BE PREPARED!

Schüler baden im Atlantik

Achtung Querfrass!

Viele Wege führen zu unterschiedlichen Orten auf diesem Schiff. Doch ich würde behaupten, die meisten führen an den Kühlschrank in der Gally. Vor allem als Nachtwache. Dennoch gibt es hier an Bord dafür natürlich Regeln, sowas wie nur Essensreste oder rausgestellte Sachen oder so, was auch meistens umgesetzt wird.

Hier an Bord sind die Möglichkeiten allerdings natürlich begrenzt, heißt, die Kühlschränke zu Hause (und jegliche andere Vorräte) werden leiden. Wir empfehlen zwei Umgangsmöglichkeiten:

1. auffüllen und aushalten

2. Vorhängeschloss besorgen und abließen, besondere Empfehlung gilt natürlich Punkt 1 😉

Schlaf? Was ist das?

Besonders viel Querfrass findet nachts statt. Aber warum sind wir denn überhaupt noch wach? Ganz einfach. (Ausreichend) Schlaf ist für uns ein Fremdwort geworden. Egal ob auf See oder im Hafen, es ist immer jemand wach. So ist man besonders als Bravo mal ganz gerne um 03:00 Uhr wach und geistert durchs Schiff.

Das wird sich Zuhause wohl erstmal nicht ändern. Also nicht wundern, wenn ihr uns nachts (in der Küche) antrefft. Auch wenn wir bis mittags schlafen, habt bitte Verständnis. Denn neben dem nicht vorhandenen Schlafrhythmus haben wir auch Schlafmangel von sechs Monaten nachzuholen.

Deep Clean!!!

Diese Tatsache wird den ein oder anderen freuen oder auch nicht, denn durch die zahlreichen Deep Cleans sind wir mittlerweile alle Putz-Hobbyexperten. Auch hier gibt es wieder zwei mögliche Szenarien:

1. Wir sind ab jetzt die perfekten Haushaltshilfen und reinigen alles mit Deep Clean Niveau

2. Es hat sich erstmal ausgedeeplcleant und es ist fast genau so schlimm wie davor. Ich denke mal, Tendenz liegt bei Option 2. Wir werden sehen 😉

Schüler:in Sturm und Wellengang

Wäschefee Leni

Waschtag und besonders der „Leni-Bonus“ wird jetzt zum „Mama-Bonus“. Nach sechs Monaten Kampf um die Waschmaschine freuen sich alle wieder auf die Waschmaschine und vor allem auf einen funktionierenden Trockner und darauf, dass man seine Wäsche nicht in seinem Bett trocknen muss. Also bereitet euch drauf vor, dass die Waschmaschine am Anfang durchgängig laufen wird.

Könntest du bitte…?

An Bord gibt es viele Aufgaben zu tun, darunter auch viele unliebsame Aufgaben. Mittlerweile sind viele (fast alle) absolute Experten (und ja Experten, nicht Hobbyexperten) im Aufgabenumgehen, verschieben oder andere dazu zu verknechten, sie zu machen.

Zwar erkennt man manchmal, wenn man von jemand anderem verknechtet wird, allerdings ist dieser „Sport“ mittlerweile so verbreitet, dass es alle akzeptiert haben. Zuhause gilt also als Vorbereitung, aufpassen, dass die Aufgaben nicht zurückkommen 😉

Zweite Familie

Ihr seid jetzt nicht mehr die Einzigen. Ihr seid nicht mehr unsere einzige Familie. In den letzten sechs Monaten sind wir zu einer zweiten großen Familie zusammengewachsen. Unser First Officer wird „Papi“ genannt, unser Captain Heine wird Opa genannt und wir verhalten uns untereinander als wären wir Geschwister.

Wir kabbeln, necken und hauen einen Spruch nach dem andern raus, haben uns im nächsten Moment aber total lieb, kuscheln, kraulen und machen „Sternschnuppe“ (wir schmeißen uns alle auf einen großen Haufen aus Leuten damit niemand einschläft und um Körperwärme zu teilen).

Die Ferne ruft

Man müsste ja meinen, ein halbes Jahr reisen, die Welt sehen und soziale Interaktion in Unmengen müsste reichen für die nächsten 100 Jahre. Nevermind, zumindest für die meisten hier an Bord gilt, jetzt erst recht.

Wir haben gefühlt mehr Hunger auf die Welt bekommen als wir eh schon hatten und haben Menschen mit den unterschiedlichsten Geschichten kennen gelernt, die uns Verschiedenstes mitgegeben haben. Ihr müsst also auch in Zukunft damit rechnen, uns für eine gewisse Zeit aus der Hand in die Ungewissheit zu geben.

Achtung Hobbyexperten!

Nach sechs Monaten sollte man denken, dass wir langsam wissen, wie der Hase läuft. Aber egal um was es geht, merkt man, dass viele von uns Hobbyexperten sind. Ob beim Sailhandling am falschen Seil gezogen oder in der Gally ohne Anleitung das erste Mal marinieren, alles läuft bei uns auf „Vertrau Bruder“ Niveau.

Wir vertrauen auf unsere Hobbyexpertenheit und was soll ich sagen, bis jetzt ist es (meistens) gut gegangen. Dadurch müsst ihr euch aber drauf einstellen, dass wir viel mit unserem Halbwissen versuchen und durch unser viel zu groß gewordenes Ego und Selbstbewusstsein denken, dass es schon irgendwie funktioniert. Meistens…

Alles in allem können wir also sagen, nach Hause kommen wird ein Experiment, dem wir uns aber alle vermutlich gerne stellen. Es wird für beide Seiten interessant, aber bestimmt kein böser Schreck (hoffen wir mal 😅). Ansonsten blicken wir dem kommenden Samstag mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen.

Was war heute so los?

Heute war unser letzter vollständiger Tag auf See. Wir sind vom Ärmelkanal auf die Nordsee und mit einem ordentlichen Stampfen ein letztes Mal auf See eingeschlafen.

Bis bald 🙂

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