Tagesabläufe auf der Regina Maris

Datum: 06.12.2023
Position: Mindelo, Kapverde
Etmal: 0 nm
Total: 2689 nm
Schiff: Regina Maris

Ich glaube, ihr habt jetzt schon oft gehört, wie ungefähr ein gewöhnlicher Tagesablauf bei uns aussieht und deshalb möchte ich euch zeigen, was so besonders an Bord passiert.

Rituale

Aperitif, aber anders

Auf See ist der Alltag eigentlich immer relativ strukturiert. Das hat Vorteile, aber auch negative Aspekte. Einer der Vorteile ist z.B., dass man meistens mehr Schlaf als im Hafen bekommt. Allerdings passiert auch weniger Aufregendes. Um das ein wenig zu kompensieren, haben wir verschiedene Herangehensweisen und eine davon möchte ich euch gerne zeigen. Onno, Justus, Maxi und ich haben irgendwann in Roscoff Salami-Sticks entdeckt und am Abend darauf bei der verregneten Night Watch mit jeweils einer Cola verspeist.

Dieser Abend wurde danach zum Ritual. Seit es besseres Wetter gibt, treffen wir vier uns auf dem poop deck und trinken eine Cola mit den eigentlich viel zu teuren, aber goldwerten Salami-Sticks und schauen uns dabei den immer atemberaubenden Sonnenuntergang an. Meist haben zwei von uns Watch und die anderen beiden kommen, sobald der Horizont sich rötlich färbt, hoch zu den anderen. Es ist eine kleine Sache, oft nur fünf Minuten, aber auf diese fünf Minuten freut man sich die gesamte Watch. Es sind die kleinen Sachen, die den Alltag ein wenig versüßen.

Die Pfadfinder

Eine andere Tradition der gesamten Bravo Watch sind bestimmte blaue Halstücher, welche sie selber genäht haben. Diese tragen sie immer, wenn sie Watch haben, den Watch Officer Mathieu mit eingeschlossen. Sie sind sehr stolz auf ihre Halstücher und uns bringen sie zum Schmunzeln, da sie alle wie kleine Pfadfinder aussehen, die jetzt einen Wanderausflug machen wollen. Zudem erkennt man daran sofort, welche Watch gerade oben steht, was ebenfalls ganz praktisch sein kann.

Gruppen Schrubben

Wenn um 22:00 Uhr Nachtruhe ist, treffen sich immer fast alle im Gang unten bei den Cabins, um Zähne zu putzen. Anfangs war es kein Ritual. Mit der Zeit haben sich diese meist 10-30 Minuten zu einer ritualisierten Gossip-Runde entwickelt. Alles, was an dem Tag passiert ist, wird erzählt und diskutiert. Nicht zu vergessen die neuen Spekulationen, wer mit wem eventuell irgendwie zusammenpassen könnte.

Segeln macht alles anders

Rutschkammer

Segeln an sich ist ja schon sehr besonders, aber mit Segeln werden plötzlich die normalsten Aufgaben oder Beschäftigungen besonders und einzigartig. Das erste, was mir da in den Sinn kommt, ist duschen. Ein Abenteuer, da das Fiese ist, dass man die Welle nicht vorhersehen kann, sie einen also unvorbereitet trifft und es überall gefährlich rutschig ist. Ich habe bereits von vielen Techniken gehört, um das Knochenbrechen zu verhindern: Den Spider-Man, die Position auf allen Vieren, so breitbeinig stehen, wie es nur eben geht, und natürlich der, der denkt, er hat alles voll im Griff. Ich habe selber bereits einige dieser Techniken ausprobiert und kann euch als alter Seebär sagen, die letzte tut weh. Für mich hat sich das so breitbeinig stehen, wie es nur eben geht, als am besten funktionierend herausgestellt.

Küche des Zerbrechens

Ich denke, ihr könnt euch das Geräusch in der Galley nur schwer vorstellen, wenn wir auf eine besonders große Welle treffen. Ich glaube, das, was am nächsten herankommt, sind 10 Werkzeugkoffer, die gleichzeitig auf Glasboden fallen. Meine erste Galley Duty auf See war von Kotzpausen, zerbrechenden Gläsern der Crew und unfreiwilligen Duschen durch das schwappende Spülwasser geprägt. Selbst, wenn man dann sein Essen bekommen hat, fängt die nächste Challenge an. Denn wenn du unerfahrenerweise deinen Teller auf den Tisch abstellst, ist das Essen überall da, wo es nicht sein sollte. Wieder einmal spreche ich hier aus Erfahrung.

Man kann also zusammenfassend sagen, Segeln macht vieles anders oder sogar schwieriger, aber es macht es auch besonderer. Es können nicht viele von sich behaupten, bereits bei drei Meter hohen Wellen für 50 Personen abgespült zu haben. Oder bei einer eigentlich harmlosen Dusche von links nach rechts geschleudert zu werden und sich dabei wie Spider-Man festzuklammern. Genau das sind aber die Dinge, die nach der Reise fehlen werden und an die man sich noch ewig erinnern wird. Ich habe bereits fast vergessen, wie es ist, eine nichtschwankende Dusche zu nehmen.

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